Nächstes Argument,
lieber Kollege Vincenz Liechtenstein: Herr Dr. Böhmdorfer sagt immer
wieder: dieses Armenhaus in der Rüdengasse. – Das ist kein Armenhaus, das
war ein hoch modernes Gericht! Vor vier Jahren hat die Republik, haben die
Vorgänger von Herrn Dr. Böhmdorfer 90 Millionen Schilling in die
Sanierung des Gebäudes in der Rüdengasse investiert. Das ist ja unglaublich!
90 Millionen Schilling wurden in ein
Objekt investiert.
Richtig, es gab
Gebäudeteile, die sanierungsbedürftig waren, da haben Sie völlig Recht. Ich
kenne diese Zellen. Da waren Teile noch nicht saniert, und das ist abträglich
gewesen, es war unzumutbar, dass Jugendliche dort aufbewahrt werden.
Aber bei aller
Zusammenführung, die wir in der Rüdengasse hatten, war eines garantiert: die Trennung von Erwachsenen und
Jugendlichen. Mit diesem Milieu sind die Jugendlichen in der Rüdengasse nicht
zusammen gekommen.
Hätten wir den
90 Millionen Schilling vielleicht noch 5, 6 oder 7 Millionen
Schilling nachfolgen lassen, dann wären auch jene Teile, die nicht der
Menschenrechtskonvention entsprochen haben, saniert worden. Aber was wurde
eingesetzt? – Nichts! Wir haben in der Rüdengasse hoch moderne Lehr- und
Unterrichtsräume. Das Justizministerium hat das Personal abgezogen! Da standen
hoch moderne Unterrichts- und Lehrwerkstätten still!
Dort, wo die
Jugendlichen jetzt hinkommen, können Sie weder Fußball spielen, noch bekommen
sie eine Ausbildung. Das wird alles noch kommen, aber in der Zeit, die das, was
der Herr Minister angekündigt hat, braucht, hätten wir das in der Rüdengasse
schon längst erledigen können.
Weiters: die
Transportkosten. Es war klar – das sollte wohl ein Grundsatz dieser
Trennung sein –, dass weibliche Gefangene im Gefangenenhaus in der
Rüdengasse nichts zu suchen haben, es war klar, dass volljährige Komplizen dort
nichts zu suchen haben, und es war klar, dass Häftlinge, die unter besonderem
Maßnahmenvollzug sind, dort nichts zu suchen haben. Aber Transportkosten haben
wir jetzt auch! Jetzt haben wir 14 Gerichte, die dafür zuständig sind, und
jetzt müssen wir wiederum die Gefangenen durch Wien transportieren. Die
Transportkosten können also nicht der Grund für die Schließung des
Jugendgerichtshofes sein.
Gehen wir in der
Geschichte des Hauses in der Rüdengasse noch ein Stück zurück! Ich möchte nur
zwei Dinge erwähnen. Einer der Meilensteine auch dieses Gremiums hier war
sicherlich die Verabschiedung des außergerichtlichen Tatausgleiches. Das war
sicherlich ein Meilenstein in der Justizgeschichte. Aber das ging nicht ohne
die Vorarbeit und ohne ein maßgebliches Zutun des Wissens, das im Hause des
Jugendgerichtshofes erarbeitet wurde. – Herr Minister Böhmdorfer! Wenn
Sie fair sind, dann werden Sie zugeben, welche besondere Rolle der Jugendgerichtshof
dabei immer wieder gespielt hat.
Nächster Punkt:
Die Jugendgerichtshilfe, deren Sitz in der Rüdengasse war, hat in den letzten
Jahren ein Anti-Aggressions-Modell entwickelt, das heute international von
hohem Wert ist und hohe Anerkennung findet. Dieses Anti-Aggressions-Modell hat
die Jugendgerichtshilfe natürlich dort verwirklichen können, wo alles wieder
zusammen war, nämlich im Gefangenenhaus in der Rüdengasse.
Nun kommen die
Jugendlichen in ein Haus mit 1 300 Häftlingen. Ich habe mir einen Bericht
herausgesucht. (Zwischenruf des Bundesrates
Ing. Franz Gruber.) –
Herr Gruber, ich würde Sie gerne einmal einladen, sich anzuschauen, wie das
ist, wenn 1 300 Häftlinge nach 15 Uhr mit 35 Wachebeamten
in einem Haus sind, wenn 15- bis 17-jährige Jugendliche Zelle an Zelle neben
Mafiapaten aus der polnischen Szene einquartiert werden! Kollege Gruber!
Angesichts dessen sollten Sie keine solchen Zwischenrufe mehr machen!
Das ist die
Realität: 35 Wachebeamte mit 1 300 Häftlingen! Und das nennen Sie heute „Erfolg für die
Jugendlichen“?! – In der Rüdengasse konnten die Jugendlichen ruhig
schlafen, ohne daran denken zu müssen, dass neben ihnen, in der nächsten Zelle,
Leute der Mafia oder andere schwere Burschen sitzen.
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