Bundesrat Stenographisches Protokoll 696. Sitzung / Seite 45

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Herr Bundesminister Böhmdorfer! Setzen Sie das aus, überlegen Sie sich das! Alle Jugend­richter, alle Jugendstaatsanwälte, alle, die etwas damit zu tun haben, sagen: Das darf doch nicht wahr sein! Das ist ein Fehler!

Herr Bundesminister! Berufen Sie einen „Runden Tisch“ ein! Machen Sie noch einmal eine Pause. Ich glaube, die Schließung des Jugendgerichtshofes ist der falsche Weg. (Beifall bei der SPÖ.)

14.52


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Dr. Hlavac. – Bitte.

14.52


Bundesrätin Dr. Elisabeth Hlavac (SPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundes­minister! Meine Damen und Herren! Ich wollte mich ursprünglich nicht zu Wort melden, weil ich leider das Gefühl habe, dass die Debatte festgelaufen ist, dass ohnedies keine Chance mehr besteht, zu einer Änderung zu kommen. Ich teile den Appell des Kollegen Schennach, fürchte aber, dass er ungehört verhallen wird.

Ich habe mich aber doch zu Wort gemeldet, weil hier einiges gesagt worden ist, das ich so nicht im Raum stehen lassen möchte.

Herr Kollege Aspöck – er ist leider jetzt nicht hier, aber Herr Dr. Böhm, der immer sehr aufmerk­sam hier ausharrt, wird es ihm sicher ausrichten – hat gesagt, wir führen hier eine sehr emotio­nalisierte Debatte. – Es ist richtig, dass wir eine Debatte mit Emotionen führen, und ich denke, dass das auch angebracht ist, weil das ein Thema ist, das uns alle sehr berühren sollte.

Es geht um die Zukunft, um das Schicksal von Jugendlichen, die ohnedies in einer sehr schwie­rigen Situation sind, die auf die schiefe Bahn gekommen sind, von der es wieder wegzukom­men, wie wir alle wissen, sehr schwer ist.

Wenn man sich die sozialen Verhältnisse ansieht, wenn man sich anschaut, wie Jugendliche durch eine Dummheit in den Strudel der Gerichtsbarkeit geraten, dann erkennt man, dass es oft nur ein Zufall ist, der entscheidet, ob Jugendliche, wenn sie sozusagen einen Blödsinn machen, erwischt werden oder nicht. Wenn sie Glück haben und nicht dabei entdeckt werden, dann führen sie ein ganz normales Leben, geraten nie wieder in Schwierigkeiten, wohingegen jene, die das Pech haben, erwischt zu werden – meist bei etwas, was gar nicht so gravierend ist –, in einen Sog geraten, aus dem sie nicht mehr herauskommen.

Wir müssen dieses Thema daher sehr ernst nehmen. Wir müssen uns sehr genau und mit großer Verantwortung überlegen, wie wir damit umgehen, wie wir diesen Jugendlichen klar machen, dass das, was sie getan haben, nicht akzeptiert werden kann, dass es aber einen Rückweg für sie geben muss.

Wir führen diese Debatte natürlich mit Emotion, wir führen sie aber sehr wohl auch mit Argu­menten, und ich möchte einige dieser Argumente einbringen.

Noch eine Bemerkung zu Herrn Aspöck: Er hat im Zusammenhang mit dem Jugendgerichtshof von einer „roten, geschützten Werkstätte“ gesprochen. – Ich möchte das ganz ruhig, obwohl ich eigentlich nicht so ruhig bin, zurückweisen.

Es handelt sich hier um ein Gericht, in dem eine sehr schwierige Aufgabe bewältigt wird, mit Richterinnen und Richtern, die sehr engagiert sind. Ich kenne viele dieser Richterinnen und Richter persönlich, und ich weiß, dass sie sehr engagiert sind. Ich weiß, dass sie mehr tun, als sie eigentlich tun müssten, und ich muss sagen, ich weiß eigentlich von kaum jemandem, welcher Partei er angehört oder ob er überhaupt einer Partei angehört.

 


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