Bundesrat Stenographisches Protokoll 696. Sitzung / Seite 46

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Ich möchte hier ganz entschieden sagen: Diese Richterinnen und Richter sind unabhängig, und sie verdienen unseren Respekt! Es handelt sich hier um keine geschützte Werkstätte, weder um eine rote, noch um eine sonstige. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Schennach.)

Nun zu Ihren Argumenten, Herr Bundesminister! Sie hängen die Debatte immer an der Frage der Räumlichkeiten auf. Das Argument der beengten Verhältnisse im Jugendgerichtshof ist auch heute wieder gekommen. – Es ist keine Frage, dass das ein altes Gebäude ist, es ist keine Frage, dass da noch einiges hätte verbessert werden können, auch wenn vor gar nicht so langer Zeit 90 Millionen Schilling investiert worden sind.

Es hat im Übrigen auch die Gemeinde Wien Geld in verschiedene soziale Einrichtungen in­vestiert, damit die Zusammenarbeit zwischen dem Jugendgerichtshof und der Gemeinde Wien, sprich: Sozialamt, Jugendhilfe, noch besser funktioniert. Die Gemeinde Wien ist dabei davon ausgegangen, dass dieser Gerichtshof Bestand hat. Aber von einem Tag auf den anderen haben wir von Ihnen, Herr Bundesminister, gehört, dass dieser Gerichtshof aufgelöst werden muss.

Ich habe schon damals im Rahmen einer Fragestunde eine Anfrage an Sie gerichtet. Ich habe Sie gefragt, mit wem Sie das besprochen haben, und Sie haben mir damals gesagt, Sie haben das in der Regierung besprochen und werden erst dann mit den Expertinnen und Experten, mit dem Parlament, mit der Gemeinde und mit anderen reden.

Ich habe in der Fragestunde nicht dazu Stellung nehmen können, aber ich möchte jetzt beto­nen, dass ich das für die falsche Vorgangsweise halte. Ich glaube, dass es wichtig gewesen wäre, vorher einmal bei den Experten nachzufragen, wie diese das sehen, denn es zeigt sich, dass sehr viele Experten – mir fällt eigentlich niemand ein, der das nicht so sieht – sehr wohl Bedenken gegen die Auflösung des Jugendgerichtshofes haben.

Ich zitiere etwa Herrn Univ.-Prof. Burgstaller, der gesagt hat: „Ich halte das Konzept, das dem Jugendgerichtshof zu Grunde liegt, die Kombination von Straf- und Pflegschaftssachen und die Zusammenführung von juristischen, psychologischen und sozialarbeiterischen Einrichtungen, die sich mit straffälligen jungen Menschen beschäftigen, an einem Ort für unverändert attraktiv. Für eine auch nur teilweise Preisgabe des skizzierten Konzeptes sehe ich keine überzeugen­den Gründe.“ – Zitatende.

Das Problem bezüglich der Räumlichkeiten gibt es auch in der Josefstadt. Die Situation in der Josefstadt ist keineswegs rosig. Es gibt dort einen einzigen Turnsaal – für so viele Häftlinge! Noch dazu müssen Sie die Jugendlichen von den Erwachsenen trennen. Ich kann nur hoffen, dass das gelingt, aber ich muss zugeben, dass ich und sehr viele Experten Zweifel daran haben. Die Trennung der Jugendlichen von den Erwachsenen ist aber ein ganz wichtiger Punkt. Wenn ich Zeit habe, komme ich dann noch darauf zurück. – Es gibt also nur einen Turnsaal für so viele Häftlinge; das ist äußerst bescheiden.

Es gibt auch eine Studie von Univ.-Prof. Grafl und Frau Dr. Stummer über die Zufriedenheit der Unterbringung. – Die Jugendlichen waren am Erdberg trotz der Beengtheit wesentlich zufriede­ner, weil man sich einfach mehr auf sie konzentrieren konnte und weil es dort eben mehr Einrichtungen gibt, die jugendgerecht sind.

Was auch notwendig gewesen wäre, ist mehr Personal. Herr Kollege Schennach hat es schon angesprochen: Es gibt Werkstätten, es sind neue Werkstätten eingerichtet worden, und diese können nicht verwendet werden, weil kein Personal dafür da ist. Das ist wirklich eine Ver­schwendung von Geld: dass man zuerst Einrichtungen schafft, die gerade für die Jungen sehr wichtig sind – diesbezüglich gibt es ja hier, glaube ich, auch gar keine Meinungs­unter­schiede –, und sie dann leer stehen lässt. Das ist sehr unbefriedigend.

Immer wieder wird auch die Menschenrechtssituation angesprochen. – Ich glaube auch, dass es möglich gewesen wäre, mit zusätzlichen Maßnahmen, mit noch etwas mehr Geld die Situation zu verbessern, aber ich kann nicht mehr hören, dass gesagt wird, etwa von Kollegen


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