Bundesrat Stenographisches Protokoll 696. Sitzung / Seite 47

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Aspöck, der inzwischen wieder im Saal ist, dass die Menschenrechtssituation dabei im Vorder­grund steht. (Vizepräsident Weiss übernimmt den Vorsitz.)

Ich möchte bezüglich Menschenrechtssituation ein Thema aufgreifen, nämlich die Debatte über die Isolierzellen. Da sind junge Menschen tagelang in kleinen Kammerln unter grässlichen Ver­hältnissen isoliert gewesen. – Wenn es um Menschenrechte geht, dann frage ich mich: Ist das nicht wirklich ein ganz gravierender Verstoß? – Ich sehe, Sie machen sich Notizen, Herr Bundesminister! Ich möchte von Ihnen hören, wie Sie dazu stehen.

Nochmals: Der Jugendgerichtshof ist ein ausgezeichneter Gerichtshof gewesen, ein Gerichtshof für die Großstadt. Es hat keinen Sinn, jetzt überall, flächendeckend Jugendgerichtshöfe einzu­richten, obwohl ich zugebe, dass es vielleicht erwägenswert wäre, für Linz so etwas zu machen. Wien, die Großstadt, hat natürlich eine eigene Situation. Es ist so, dass ungefähr die Hälfte der Fälle der Jugendgerichtsbarkeit in der Großstadt anfällt und daher eine besondere Konzen­tration wichtig und vernünftig ist.

Das Großartige am Jugendgerichtshof war, dass man sich auf die besondere Situation einge­stellt hat, dass man darauf eingegangen ist und so schnell auch darauf reagiert hat. Deshalb ist der Jugendgerichtshof Wien ein Vorbild für so viele andere Gerichtshöfe in anderen Ländern. Es sind auch immer wieder Expertendelegationen gekommen – Richterdelegationen, Politiker­delegationen –, die sich angesehen haben, was dort geleistet wird, weil eben die Betreuung und die Auseinandersetzung mit den Jugendlichen so umfassend war. Man hat sich nicht nur mit dem strafrechtlichen Aspekt auseinander gesetzt, sondern auch mit dem sozialen, mit der Aus­bildung und mit der Bekämpfung von Jugendbanden. Es gab Anti-Aggressions-Modelle, es gab soziale Trainingskurse – es ist sehr viel gemacht worden, und es wäre schade, wenn all das jetzt wieder wegfällt.

Ich möchte noch einen Experten nennen: Herr Professor Friedrich, der bekannte Kinder- und Jugendpsychiater, hat kritisiert, dass in Wirklichkeit die Haftbedingungen in der Josefstadt keineswegs so gut sind. Er hat gesagt – ich zitiere –, der Herr Bundesminister habe die Haft­bedingungen der Josefstadt, gelinde gesagt, schöngeredet, in Erdberg seien die Umstände wesent­lich besser gewesen. Als völlig untragbar bezeichnete er die Haftbedingungen in Isolier­zellen in der Justizanstalt Josefstadt. – Da geht es wiederum um die Frage nach der Men­schenrechtssituation, die ich bereits angesprochen habe.

Der Jugendgerichtshof hat so viel geleistet, dieser Gerichtshof ist so wichtig für die jungen Menschen, dass es eine Katastrophe ist, dass er aufgelöst wird. Ich bedauere das ganz außer­ordentlich.

Ich möchte daher abschließend noch ein Zitat von Professor Burgstaller bringen, der gesagt hat: „Richtig ist wohl, dass mit der geplanten Auflösung des Jugendgerichtshofes Einsparungen erzielt werden können. Das ist heute bei der bekannten Ressourcenknappheit gewiss kein gering zu schätzendes Argument. Dem steht aber die von mir als real eingeschätzte Gefahr gegenüber, Qualitätseinbußen im Umgang mit jungen Straftätern zu erleiden, deren gesell­schaftliche Kosten mittel- und langfristig sehr hoch sein könnten.“ – Zitatende.

Dem ist leider nichts hinzuzufügen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

15.05


Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich erteile nun Herrn Bundesminister Dr. Dieter Böhmdorfer das Wort. – Bitte.

15.06


Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrte Damen und Herren! Ich gehe natürlich gerne auf diese Fragen ein. Ich mache es kurz, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass ich es vollständig machen werde.

Was die Haftbedingungen anlangt, ist zu sagen, dass es sich dabei um eine objektiv überprüf­bare Tatsache handelt. Der Herr Bundespräsident hat sich beide Justizanstalten angesehen –


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