Bundesrat Stenographisches Protokoll 696. Sitzung / Seite 48

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ich ver­wei­se auf seinen Pres­sedienst. Das Gebäude, in dem die Jugendlichen jetzt sind, ist ein sehr moder­nes Ge­bäude, in dem die Insassen voneinander getrennt werden können. Das ist außer­dem Routine in der öster­reichischen Justizwache: Man muss die Frauen von den Männern trennen, man muss die Mittäter voneinander trennen, man muss die Süchtigen von den nicht Süch­tigen trennen. Man muss andauernd trennen – das kann man –, viel mehr noch bei großen Gruppen, also bei Ju-gendlichen, aber das ist überhaupt kein Problem! – Herr Bun­desrat Schen­­nach! Bitte bestätigen Sie das, zumindest im persönlichen Gespräch! Man kann hier wirklich nicht von Rückschritt reden. Ganz im Gegenteil! Die Trennung ist jetzt problemlos durchführbar und baulich perfekt.

Das Projekt an sich, Herr Bundesrat Schennach, Frau Bundesrätin Hlavac, besteht seit vielen Jahren im Justizministerium, ist unter Exminister Michalek entstanden. Als die Haftbedingungen in Erdberg begonnen haben, der Anti-Folter-Konvention zu widersprechen, musste ich zur Tat schreiten.

Die Aufforderung, dort umzubauen, geht wirklich ins Leere. Niemand konnte dort umbauen, keine einzige Zelle konnte man hinzufügen – bitte, bestätigen Sie das bei Gelegenheit, Herr Bundesrat –, man konnte die Zellen auch nicht noch mehr verkleinern. Das endgültige Ende der Entwicklung war dort erreicht, man musste einen anderen Standort suchen.

Warum nicht nach Simmering? ist gefragt worden. – Die meisten werden es wohl wissen: Zu jedem Landesgericht gehört eine Justizanstalt, weil man meistens U-Häftlinge hat. Man hätte also in Simmering noch ein Gericht dazubauen müssen. Und das ging schon überhaupt nicht! Wir mussten also den freien Raum in der Justizanstalt Josefstadt und den freien Raum im Landesgericht für Strafsachen Wien, der in ausreichender Größe zur Verfügung stand und steht, verwenden. Wir konnten am Tag genau nach der Pensionierung des Herrn Präsidenten Jesionek übersiedeln, nämlich am Jahresende; das ist so im öffentlichen Dienst. – Auch in diesem Zusammenhang gibt es eigentlich kein schlagendes Argument.

Zu dem Argument: 1920 waren das keine Volltrotteln. – Natürlich waren das keine Volltrotteln, die den Jugendgerichtshof begründet haben, aber mittlerweile sind mehr als 80 Jahre ver­gangen, und die Entwicklung hat sich eben geändert. Wir haben auch eine andere Kriminalität, die wir zu bekämpfen haben; zum Beispiel momentan die Suchtmittel-Kriminalität, die nicht – wie Sie sagen, Herr Bundesrat – um 60 Prozent steigt, sondern um 144 Prozent bei den 14- bis 18-Jährigen, zuordenbar einem bestimmten Land in Afrika. – Entschuldigen Sie, das ist die Tatsache, Sie wissen es, Sie sind Fachmann, verschweigen wir es doch bitte beide nicht, das wäre wirklich ungerecht gegenüber dem Niveau dieser Debatte! Angesichts dessen können wir nicht anders, als auch andere Methoden anzuwenden.

Wir haben auch nicht mehr nur oder hauptsächlich das Problem der sozialen Unterschiede, son­dern wir haben auch ein Sprachenproblem. Wir haben Staatsbürger von 89 Nationen in Haft. Gerade bei den Jugendlichen sind sehr viele Ausländer dabei – Sie wissen das. Nicht alle von ihnen kann man ausbilden, bei vielen besteht ein Sprachenproblem, und das ist auch ein Ausbildungs- und Fortbildungs- und Arbeitsproblem. – Die Umstände haben sich seit 1920 geändert, ganz abgesehen von der Infrastruktur. Sie erreichen heute Klagenfurt von Spittal aus wahrscheinlich schneller als die Rüdengasse von Hütteldorf aus im Jahr 1920; entschuldigen Sie, aber ich kann das nicht anders ausdrücken.

Das muss man einmal akzeptieren, dass sich die Verhältnisse so weit geändert haben, dass wir anders als im Jahr 1920 vorgehen mussten.

Zum Netzwerk: Sie wissen, Herr Bundesrat Schennach, und Sie werden es auch wissen, Frau Dr. Hlavac, dass das Netzwerk nicht zerschlagen wurde. 1920 hat man vielleicht mehr persön­lichen Kontakt bei der Behörde gehabt, heute haben wir ein reines Aktenverfahren. Es ist nicht so, dass der Richter zum Mitarbeiter der Jugendgerichtshilfe geht, sondern das ist ein reines Akten­verfahren. Die Richter des Jugendgerichtshofes Wien nehmen zu 37 Prozent die Jugend­gerichtshilfe in Anspruch, ansonsten nehmen auch andere Gerichte – Mödling zum Beispiel; Sie wissen das, Herr Bundesrat Schennach – die Jugendgerichtshilfe in Anspruch.

 


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