Bundesrat Stenographisches Protokoll 696. Sitzung / Seite 50

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wäre, für die Jugendlichen etwas zu unternehmen, dann muss ich einmal in diesem Haus die Wahrheit sagen dürfen! (Beifall bei den Freiheitlichen und der övp.)

15.14


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Dr. Renate Kanovsky-Wintermann. Ich erteile ihr das Wort.

15.15


Bundesrätin Dr. Renate Kanovsky-Wintermann (Freiheitliche, Kärnten): Ich muss noch etwas sagen, weil mir bei den Ausführungen der Frau Kollegin Schlaffer am Anfang nicht klar war, ob sie tatsächlich nicht weiß, dass der Sondergerichtshof nicht dasselbe ist wie die Sonderge­richts­barkeit in Österreich, oder ob sie nur so tut, als ob sie es nicht wüsste. Das ist mir eigentlich während ihres gesamten Redebeitrages nicht ganz klar geworden. Ich habe auch bei manch anderem Kollegen aus dem sozialdemokratischen Bereich nicht herausgehört, ob er jetzt vor dem Bundesrat absichtlich so tut, als würde das dasselbe sein, oder ob er es tatsächlich nicht weiß.

Folgendes muss man schon einmal sagen: Es wird nicht die Jugendgerichtsbarkeit zu Grabe getragen – so wie Sie das darstellen, so verheerend –, sondern im Gegenteil: Die Jugendge­richtsbarkeit bleibt selbstverständlich in ganz Österreich bestehen. Es wird für ein bisserl mehr Ausgewogenheit gesorgt werden. Auch das ist wichtig. (Bundesrätin Schlaffer: Reden Sie nicht von etwas, wovon Sie keine Ahnung haben!)

Damit komme ich gleich zum nächsten Punkt. Ich verstehe wirklich nicht, warum gerade im Bundesrat, der eine Vertretung der Bundesländer sein sollte, dem Zentralismus und Privile­gientum in Wien das Wort gesprochen wird. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesrätin Kainz: Ist Wien kein Bundesland? – Bundesrat Schennach: Wien ist ein Bundesland!)

Ich bin der Meinung, dass ein straffällig gewordener Jugendlicher in ganz Österreich gleich viel wert sein sollte, in ganz Österreich gleichsam der Besserung, der Resozialisierung zugeführt werden sollte. Dass sich die Richter nicht nur in Wien besonders um die straffällig gewordenen Jugendlichen bemühen, sondern sehr wohl auch in den Bundesländern, möchte ich an dieser Stelle auch hervorheben. Das sind sehr überzeugte, meist sehr junge, sehr engagierte Richter, die sich sehr bemühen, den Jugendlichen die entsprechende Gerechtigkeit zukommen zu las­sen. Das lasse ich mir wirklich nicht sagen, dass das nur in Wien der Fall ist, dass das nur am Jugendgerichtshof so gewesen ist, sondern das ist überall so – manchmal unter Bedin­gungen, die wirklich nicht einfach sind.

Ich kann Ihnen aber versichern, auch in Kärnten wird natürlich ein jugendlicher Straffälliger von einem erwachsenen Straffälligen getrennt, ebenso – wie der Herr Minister schon gesagt hat – Frauen von Männern, Drogensüchtige von nicht Drogensüchtigen et cetera. Tun Sie bitte nicht immer so, als wäre all das nur in Ihrem geheiligten Jugendgerichtshof der Fall gewesen.

Ich verstehe auch nicht, weshalb dieses Argument, das jetzt auch der Minister noch einmal be­tont und erwähnt hat, bei Ihnen überhaupt nicht fruchtet, denn für mich ist es schon wichtig, ob man mit diesem neuen Instrument des außerordentlichen Tatausgleiches auch umgehen kann und vor allem will, ob man eine Chance sieht für Jugendliche, auch eine außergerichtliche Lösung zu finden, sie also ohne Richterspruch wieder in das „normale“ – unter Anführungs­zeichen – Leben zurückführt, ihnen wieder die Chance gibt, eine Ausbildung zu machen, die Schule zu machen, oder ob man das eben nicht tut, ob man dieses Instrument nicht anwenden will.

Wenn ich höre, dass die Vergleichszahlen Oberösterreich und Wien so eklatant auseinander driften, dann muss ich mich fragen: Was hat es im Jugendgerichtshof gegeben, dass dieser außergerichtliche Tatausgleich, die Diversion, einfach nicht angewandt wurde? Warum hat man das nicht getan? Wollte man es nicht, oder waren vielleicht die Jugendlichen nicht so viel wert, wie sie es sein sollten?

 


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