Die
österreichische Regierung zahlt diese Beiträge den Religionsgemeinschaften
nicht zur Ausübung ihrer Tätigkeit, sondern ausdrücklich als
Entschädigungszahlung für während des NS-Regimes verlorenes Vermögen. Darin
besteht ein grundsätzlicher Unterschied zu Deutschland, denn in Deutschland
wird der Kirchenbeitrag vom Staat eingehoben, danach werden diese Geldmittel
verteilt. Das heißt also: Wenn man Deutschland als Beispiel hernimmt – das
erklärt mir Herr Dr. Muzicant immer wieder, welche Zahlungen man dort
laufend leistet –, dann muss man sagen, ist das eine andere Konstruktion.
Damals, im
Jahr 1960, wurde ein bestimmter Betrag für die römisch-katholische Kirche
und für die beiden bestehenden evangelischen Kirchen, angepasst an ihre
jeweilige Mitgliederzahl, vereinbart. Beim Betrag für die Israelitische
Kultusgemeinde wurden die Mitgliederzahlen von vor 1938 genommen. Schon seit
1958 wurden diese Zahlungen überwiesen. Wir leisten also jährliche
Entschädigungszahlungen auf Basis der Mitgliederzahlen der Israelitischen
Kultusgemeinde von vor 1938!
Derzeit ist das
ein jährlicher Betrag in der Höhe von 772 177,27 €. Bitte
mitschreiben, damit wir alles zusammenzählen können! Dieser Betrag, nämlich
772 177,27 € – das ergibt sich aus den Aufwertungsfaktoren, da
kommen dann solche Beträge heraus –, wird der Kultusgemeinde jährlich
quasi als Entschädigungszahlung überwiesen, und zwar ad infinitum! Das ist im
Gesetz so festgelegt.
Die einmalige
Zuwendung, welche die Kultusgemeinde damals, im Jahr 1958, erhalten hat,
hat nach damaligen Geldwert 30 Millionen Schilling betragen, heute sind
das mit dem Aufwertungsfaktor etwa 143 Millionen Schilling. Dazu kommt
noch, dass wir der Israelitischen Kultusgemeinde selbstverständlich die
Kosten für die Lehrer und Lehrerinnen an ihren Schulen ersetzen, das sind etwa
3 Millionen € jährlich. Dazu kommt weiters, dass wir sehr viele
Projekte der Israelitischen Kultusgemeinde bewilligt und unterstützt haben.
Wir legen in diesem gesamten Bereich großes Augenmerk darauf, dass diese
kulturelle Vielfalt in unserem Lande bestmöglich unterstützt wird.
Sie haben es
selbst schon erwähnt: Es werden die jüdischen Museen in Hohenems, in Wien und
in Eisenstadt unterstützt, es wird die Universität in Jerusalem unterstützt, es
werden Zivildiener zu den Gedenkstätten geschickt, es werden die Gedenkstätten
unterstützt. Es werden an den Schulen, gerade im Rahmen der politischen
Bildung, enorm viele Projekte gemacht, Maßnahmen gesetzt, mit Zeitzeugen, mit
all den Broschüren, die wir erstellt haben, auch mit dem letzten Projekt
„Aktionstage Politische Bildung“, bei dem all diese Fragen mit den Schülern
diskutiert werden und eine breite Basis in Richtung Toleranz, in Richtung
„Miteinander leben“ grundgelegt wird.
Wir sind in
ständigem Kontakt mit der jüdischen Gemeinschaft und haben auch sehr
erfreuliche und sehr gute Gespräche mit ihr. Ich weiß nicht, woher Sie das
haben, dass es unerfreuliche Gespräche seien.
Die
österreichische Bundesregierung hat als zusätzlichen Schritt den so genannten
Entschädigungsfonds gegründet. Dieser Entschädigungsfonds, der unter der
Führung von Frau Präsidentin Schaumayer und in Zusammenarbeit mit allen
jüdischen Gemeinden auch in den Vereinigten Staaten ins Leben gerufen wurde,
ist dazu da, um noch offene Fragen der Entschädigung abzuklären und eine
entsprechende Entschädigungszahlung zu leisten. Das wurde vereinbart und im
Jänner 2001 unterschrieben. Der damalige Staatssekretär Stuart Eizenstat
hat mitgeteilt, dass auch Herr Dr. Muzicant diese Vereinbarung unterschrieben
hat. Noch bestehende Entschädigungsansprüche, Restitutionsansprüche müssen
diesem Entschädigungsfonds bis Ende Mai gemeldet werden.
Ich habe ein sehr konstruktives Gespräch mit Herrn Dr. Muzicant gehabt, und es ist mir auch mitgeteilt worden, dass er diese noch bestehenden Ansprüche, die alle gesammelt worden sind, bei diesem Entschädigungsfonds, der mit 210 Millionen US-Dollar dotiert ist, anmelden wird. Das ist kein Geld, das aus Amerika an uns geliefert wird, das ist Geld, das aus Österreich bezahlt wird. Die österreichische Bundesregierung hat erreicht, dass in diesen Fonds 210 Mil-
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