Bundesrat Stenographisches Protokoll 696. Sitzung / Seite 71

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Auch das ist wichtig! Geben wir auch den Anhängern des israelischen Glaubens, des jüdischen Glaubens in Österreich, die Möglichkeit, sich in mehreren Kultusgemeinden zu finden, so wie es für Anhänger der christlichen Glaubensgemeinschaften, mehrerer christlicher Glaubensgemein­schaften, die Möglichkeit gibt, gesetzeskonform und ihren Glaubensgrundsätzen entsprechend zu leben. Auch das ist ein Punkt, den wir beachten müssen, um nicht nur eine Fokussierung auf eine jüdische Kultusgemeinde zu haben, die nicht einmal die Anerkennung aller anderen findet, die eine eigene Kultusgemeinde gründen möchten.

Zu den finanziellen Dingen: Finanzen kann man immer als – sagen wir – schmutzig oder weniger schmutzig, als schmierig betrachten, insbesondere wenn es um ein solches Thema geht. Herr Professor! Ich betrachte die Finanzen als sehr wichtig ... (Bundesrat Konecny: Hab’ ich nicht gesagt!) – Sie haben das nicht gesagt, das weiß ich schon. Aber anschauen darf ich Sie dabei trotzdem, wenn ich rede. (Bundesrat Konecny: Aber „schmierig“ dürfen Sie in dem Zusammenhang nicht sagen!) Nein, aber man sagt ja oft, Geldsachen sind schmierig. Nein, sie sind wichtig, denn Geld ermöglicht das Leben. Das ist ganz richtig. (Bundesrat Konecny: Was soll das? Sind Sie noch bei ...? Das ist ja ungeheuerlich!) Ich habe gar nicht gesagt, dass es so ist. (Bundesrat Konecny: Sie haben das Wort „schmierig“ verwendet! Bitte erklären Sie, wen Sie damit gemeint haben!) – Sie nicht! (Bundesrat Konecny: Wen sonst?) – Ich habe über­haupt niemanden gemeint! (Bundesrat Konecny: Sich selbst – oder was?) Aber haben Sie mich gern! (Heiterkeit bei den Freiheitlichen.)

Herr Kollege Konecny! Ihre künstliche Aufgeregtheit ist mir bekannt. (Bundesrat Konecny: Sie sagen „schmierig“, und dann sagen Sie, Sie haben niemanden gemeint!) Ich rate Ihnen zu keiner künstlichen Aufgeregtheit. Herr Kollege Konecny! Nehmen wir das so, wie es ist. Neh­men Sie das Thema weniger wichtig. Was ich gesagt habe im Zusammenhang mit „schmie­rig“, ist: Geld ist ein Schmiermittel, und es ist notwendig. Nehmen Sie das zur Kenntnis! Das wollte ich damit sagen.

Da wir das Geld haben, welches, wie die Frau Bundesministerin angetönt hat, in den verschie­densten Verhandlungen, bei denen auch Dr. Eizenstat dabei war, beschlossen wurde, glaube ich, dass dieses Thema durch die Republik Österreich bestens gelöst worden ist. Die Republik Österreich hat durch diese zwei Bundesregierungen, in der ÖVP und Freiheitliche vereint sind, wirklich Wesentliches getan, um an der jüdischen Gemeinde in Österreich und den Juden in aller Welt, denen Unrecht geschehen ist, das gutzumachen, was materiell gutzumachen ist. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

16.55


Präsident Herwig Hösele: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Stefan Schennach. Ich erteile es ihm.

16.55


Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! In der Zeit zwischen 1938 und 1945 waren Österreich und Deutsch­land kein Kulturvolk, es war eine Barbarei und kein Kulturvolk.

Wenn Sie für den Schmerz den Tag der Kapitulation wählen, dann schwingt damit möglicher­weise der Schmerz über die Kapitulation mit, was bei bestimmten Verbindungen immer wieder zum Ausdruck kommt.

Wenn man der Toten gedenkt, so hat sich die Republik in der Verantwortung, in der sie steht, den richtigen Tag ausgewählt, nämlich jenen Tag, an dem man der Barbarei eines Regimes in besonderer Weise gedenkt. Da geht es nicht um die Differenzierung der Opfer, nur: Sie beharren auf dem Tag der Kapitulation, und diese Konnotation ist falsch.

Die Zweite Republik steht in einer Verantwortung, und lange hat es gedauert, bis das offizielle Österreich gesagt hat, Österreicher und Österreicherinnen – beim ersten wahrscheinlich weniger – waren Täter und Opfer zugleich.

 


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite