Dann hat es
Gespräche gegeben zwischen den Koalitionsparteien, so sagt man, und dann gab es
einen weiteren Entwurf, sozusagen den wirklichen Entwurf. Dieser wirkliche
Entwurf ist dann – ich nehme doch an über Antrag des ressortzuständigen
Bundesministers – in der Bundesregierung beschlossen worden. Da war von
Abfederung und vom Ziehen der Giftzähne und ich weiß nicht wovon alles die
Rede, es hat sich nur beim ersten Blick auf die neue Vorlage bereits gezeigt,
dass davon naturgemäß keine Rede sein kann.
Es gibt eine lange
Liste von bedeutenden politischen Persönlichkeiten der Republik, die sich
innerhalb von 48 Stunden lächerlich gemacht haben, in dem sie zunächst
einmal voller Begeisterung diesen neuen Entwurf, der jetzt ganz wunderbar ist
und fast nichts mehr mit dem Begutachtungsentwurf zu tun hat, begrüßt haben und
dann, als ihnen andere gesagt haben, aber all das stehe nicht darin, was sie
behaupten, entdeckt haben, dass weiterer Verhandlungsbedarf besteht.
Die Paulinische
Wandlung, um dem Kollegen von der Theologischen Fakultät eine Freude zu machen,
mancher, die jetzt den Parlamentarismus als das wahre Entscheidungszentrum
entdeckt haben und meinen, dass sich das Parlament nun nichts dreinreden lassen
dürfe, ist wirklich eine eindrucksvolle Regung politischen
Opportunitätsgehabens.
Es gibt also einen
Entwurf. Er ist kaum besser als das, was als Begutachtungsentwurf bezeichnet
wurde, und dann gibt es die Optimisten – allerdings Optimisten mit
begrenztem Horizont –, die sagen, über das könne man heute noch gar nicht
reden, weil es wird doch weiter verhandelt, und ein Urteil könne man erst dann
fällen, wenn das endgültig beschlossen ist. Ja aber dann, Kolleginnen und
Kollegen, ist es leider zu spät. Da kann man reden, so wie man in Österreich
Kraftausdrücke gegen das Salzamt schleudert, aber beschlossen ist beschlossen,
und das ist nicht das, was wir unter Dialog verstehen.
Der Herr
Bundeskanzler – das hat er auch vor dem „Runden Tisch“ mehr oder weniger
klar gesagt, ob er es dann dort auch gesagt hat, werden wir bald
erfahren – verwechselt Dialog mit Psychotherapie. Dialog heißt, beide
Seiten sagen etwas, und am Ende geht man auf die Argumente ein und versucht,
eine gemeinsame Lösung zu finden.
Bei der
Psychotherapie ist das naturgemäß anders, da ist der eine der Behandelnde, und
der andere hat etwas; wollen wir es nicht qualifizieren. (Bundesrat Mag. Gudenus: Man weiß zwar nicht immer, wer der Behandelnde ist!) – Das
muss ich namens der Psychotherapeuten heftig zurückweisen. Ich bin mit einer
Psychotherapeutin verheiratet und kann es mir nicht erlauben, Ihnen
zuzustimmen. Aber es ist klar, dass der Psychotherapeut den anderen zum Reden
bringt, damit er durch das Sprechen erkennt, wo er Unrecht hat. (Bundesrat Mag. Gudenus: Logotherapie!)
Das ist genau der
Dialog oder das, was einen Dialog ersetzen soll, den wir nicht zu führen bereit
sind. Wenn der Bundeskanzler sagt, reden könnt ihr über alles, aber am
4. Juni wird das beschlossen, was ich sage ... (Bundesrat Dr. Kühnel: Sind Sie zu behandeln oder wie ist das bei Ihnen?) – Nein,
Herr Kollege, ich gebe freimütig zu, dass ich viele neue Einsichten aus dieser
Partnerschaft gewonnen habe, die ich manchem Kollegen sehr vergönnen würde. (Beifall
bei der SPÖ.)
Glauben Sie mir,
Therapie für aufmüpfige Gewerkschafter, unzufriedene Arbeiter und Angestellte
ist nicht das, was die Republik beim Herrn Bundeskanzler bestellt und
beauftragt hat. Dialog ist es! (Beifall bei der SPÖ.)
Das ist auch eine
Frage des Demokratieverständnisses. Sie sagen uns mit Recht, wir haben lange
regiert, und wenn man ehrlich ist – ich bemühe mich das zu sein –,
dann muss man sagen, nicht jeder Beschluss, den wir initiiert oder gefasst
haben, war der Weisheit letzter Schluss. Aber auch eine allein regierende
Sozialdemokratie hat mit Ihnen, etwa mit Ihren Bauernvertretern, etwa mit Ihren
Justizvertretern nächtelang diskutiert. (Bundesrat Dr. Kühnel: Sie versuchten, die ÖVP zu spalten! Das war das Ziel! –
Bundesrätin Bachner: Kann man das?) – Herr
Kollege, quer oder hoch?
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