Bundesrat Stenographisches Protokoll 696. Sitzung / Seite 89

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man sich, wenn man als junger Mensch von der Pensionsgeschichte der Republik wenig weiß und davon hört – auch als junger Journalist –, anschaut, schreit man einmal auf: Oh, was für ein Privileg! Wenn man sich die geschichtliche Entwicklung dieser Regelung vergegenwärtigt, dann geht sie auf bestimmte nur dort gegebene Sachverhalte ein und versucht beispielsweise, eine kürzere Lebenserwartung mit einer höheren Pension zu kompensieren; das kann man nicht wirklich, aber man versucht es. So sind manche Regelungen entstanden wie faktische Berufs­ausübungsunfähigkeit durch ein früheres Pensionsalter und Ähnliches mehr.

Nicht alles davon ist heute noch vernünftig; das sage ich überhaupt nicht, und es sagen auch die Kolleginnen und Kollegen von der Gewerkschaft nicht: Das muss alles so bleiben, weil es einmal so war! Aber man muss das schon in dem Geist diskutieren, dass man fragt: Was war denn die Überlegung dafür, warum das so erfunden wurde? – Manche zahlen eben einen höheren Pensionsversicherungsbeitrag dafür, dass solche Regelungen Bestand hatten.

Die Harmonisierung ist schwierig genug – gar keine Frage! –, ich bin nicht der größte Pensions­versicherungsexperte dieses Landes, aber ein bisschen etwas verstehe ich davon. Und weil ich ein bisschen etwas davon verstehe, bin ich voll Respekt und Demut denen gegenüber, die sich zutrauen, eine solche Harmonisierung in die Wege zu leiten.

Auch da wird es Proteste geben – natürlich, gar keine Frage! Auch da wird man vielleicht manches in einem Dialog später anpassen müssen. Aber zu sagen, zuerst reformieren wir – reformieren, nebbich! –, zuerst setzen wir einmal die künftigen ASVG-Pensionen herab, und dann reden wir über eine Harmonisierung der Systeme, das ist ein zutiefst falscher Ansatz von jeder Gesetzeslogik her, von jeder gesellschaftlichen Logik her.

Ich komme ganz kurz zu dem an dieser Stelle irgendwie unvermeidlichen Ausritt. Sie werden mir verzeihen, dass ich dieses Thema anschneide, aber diejenigen, die auf Regierungsseite die Gesetzentwürfe zimmern, sind ganz offensichtlich nicht jene, die das Werk einer Harmo­nisierung zu Wege bringen. Sie alle – ich weiß nicht, ob es jeder angeschaut hat – hatten jenen unglückseligen Initiativantrag der Kollegen Molterer und Scheibner aus dem Nationalrat in Ihren Unterlagen. Was sich da abgespielt hat, ist nicht angesichts dessen, weil auch ein bisschen etwas auf die Seite zu räumen versucht wurde – das interessiert mich in diesem Zusammen­hang gar nicht –, sondern angesichts des „Ernstes“, mit dem an Pensionsthemen herangegan­gen wurde, ein glatter Skandal!

Da gibt es jetzt nur noch Leute, die sagen, der andere sei schuld. Besonders schön habe ich die Aussage von Frau Bleckmann gefunden, die gesagt hat: In Zukunft werden wir uns alles von der ÖVP noch genauer anschauen, bevor wir es unterschreiben. (Bundesrat Mag. Gudenus: Sie hat Recht!) – Sie hat Recht, aber sie hätte früher anfangen können, nicht?

Da gibt es Kollegen Scheibner, der die originelle Formulierung fand, er hätte das unterschreiben müssen, damit eine Diskussion darüber möglich wird. – Ich mache das auch immer so: Ich unterschreibe Schecks, damit eine Diskussion über meine Schulden möglich wird. Oder wie ist das?

Da gibt es Kollegen Molterer, der gemeint hat, das sei alles nicht so, das sei ein Irrtum gewesen. Ich glaube bei der ganzen Geschichte einem einzigen – wir alle kennen ihn –, der zu diesem Thema die vermutlich einzig wahrhaftige Auskunft gegeben hat. Der ÖVP-Klubdirektor, den ich ob seines Sachwissens hoch schätze, hat auf die Frage, wer für diesen Fehler im Antrag verantwortlich sei, kurz gesagt: Fehler ist wohl schwer übertrieben, sachkundige Beamte haben versucht, einen Beschluss der Regierung in Gesetzesform zu gießen.

Nicht gewollt haben es also diejenigen, die unterschrieben haben, ganz offensichtlich nicht. Auch Zögernitz räumt ein – vielleicht nicht mit der glücklichsten Formulierung; das sollte man sich als Klubdirektor auch anschauen –, dass der politische Wille genau das gewesen ist, was jetzt alle fallen lassen wie eine heiße Kartoffel.

Das legistische Meisterwerk – das finde ich wirklich besonders schön, weil es nämlich zeigt, wie gründlich und sachgerecht gearbeitet wird – ist Folgendes: Artikel 1, Übergangsbestimmungen,


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