Bundesrat Stenographisches Protokoll 697. Sitzung / Seite 22

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10.10

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrter Herr Minister! Meine Herren Staatssekretäre! Sehr geehrter Herr Landeshaupt­mann! Lieber Herr Kollege Ing. Klamt! Ich bin kein Arzt, maße mir jetzt aber eine Diagnose an. Ich glaube, der gesamte Hohe Bundesrat hat zur Kenntnis genommen, dass Sie hier Ihre Beschwerden zu diesem Tagesordnungspunkt stellvertretend für Ihre Fraktion sozusagen vorgebracht haben. Man könnte sagen: schwere Magenverstim­mung, möglicherweise akute Herzbeschwerden, unter Umständen sogar Krankheiten, die durchaus Verständnis dafür wachsen lassen, dass man sagt, der Patient – mal zehn – könnte sich heute von dieser Sitzung krank melden, wenn die Magenbeschwer­den rund um diese Entscheidung am heutigen Tag dermaßen akut sind.

Aber, Herr Ing. Klamt, Sie werden heute eine Entscheidung treffen müssen. Sie wer­den bis zum Ende dieser Sitzung von niemandem – und schon gar nicht auf Grund der vorliegenden Gesetzesmaterie – eine Antwort darauf bekommen, wie denn diese Har­monisierung irgendwann ausschauen wird. Ich kann Ihnen nur sagen: Geben Sie dem Nationalrat und geben Sie der Bundesregierung eine Chance, geben Sie ihnen eine Chance, sich noch einmal mit diesem Gesetz zu befassen! Sie werden Ihnen dafür dankbar sein. (Beifall der Bundesrätin Kerschbaum und Beifall bei der SPÖ.)

Im Grunde müsste die Regierung, wenn sie das Schwarzarbeitsgesetz oder das Pfuschgesetz ernst nimmt, zu einer Selbstanzeige schreiten. (Heiterkeit bei der SPÖ.) Für 700 Seiten und 91 Gesetze waren ursprünglich pro Gesetz 41 Sekunden an Be­handlungszeit vorgesehen. Diese wurde dann auf drei Minuten erhöht. Dazu kam eine Lawine von Abänderungsanträgen. Was ist das mehr als eine gesetzliche Pfusch­aktion?

Meine Damen und Herren! Herr Kollege Ager! Sie werden ja in Bälde Präsident dieses Hauses sein. Wenn wir hier jemandem danken müssen, dann sind es die Sozialpart­ner, insbesondere die Gewerkschaften, die – das wurde ja auch von der Regierung immer wieder betont; ich sehe es allerdings von der Regierungsseite her nicht – wesentliche Dinge ausverhandelt haben. Ich weiß nicht, wie Sie dazu kommen, heute hier – auch als Vertreter Ihrer Partei – nicht zu sagen, dass Sie allen danken, die in dieser Republik eine Nachdenkfrist ermöglichen. Danken Sie Herrn Leitl! Frau Kollegin Bachner hat Herrn Verzetnitsch gedankt. (Beifall der Bundesrätin Kerschbaum und Beifall bei der SPÖ.)

Aber hier von Störaktionen zu reden ist zu wenig. Ich nehme an, jetzt ist die Person anwesend, die Sie mit „Trittbrettfahrer“ gemeint haben. Sie haben ja keinen Namen genannt, wer der Trittbrettfahrer in dieser Diskussion ist. Ich denke, es wird eine Er­klärung des Landeshauptmannes von Kärnten geben. – Ihr Koalitionspartner hat wahr­scheinlich Sie mit „Trittbrettfahrer“ gemeint, der für sich, gegen die Regierung, Dinge nutzbar machen will! – Sie können es ruhig sagen, Herr Kollege Ager, so viel Mut muss ja jedem gewählten Mandatar abverlangbar sein.

Liebe ÖVP! Ich habe ein bisschen den Eindruck, dass die alte, traditionelle ÖVP mit ihren starken Wurzeln in der Zweiten Republik und ihrer großen Leistung immer mehr zu einer Art Glaubensverein – aber nicht unbedingt katholischer Provenienz – wird. Es heißt: Man muss einfach glauben, was er sagt. Auch Herr Ager hat gesagt: Beweisen kann ich es nicht, aber ich glaube einfach unserem Verteidigungsminister. Das dürfte generell gelten: Wir müssen dem Wolfgang vertrauen, denn er wird es schon wissen. Wir können es zwar nicht ganz nachvollziehen, aber wir folgen ihm. – Das ist eine Art Mischung aus Sannyasin-Kult und Voodoo.

Ich kenne zig Aussagen aus den Ländern von Landeshauptleuten. Nehmen wir einmal eine Landesregierung, der wirklich nicht der Geruch anhaftet, innerhalb der ÖVP libera-


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