Bundesrat Stenographisches Protokoll 697. Sitzung / Seite 38

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trauen der Bevölkerung, und Sie stellen bei Ihren Kontakten mit der Bevölkerung ja selbst fest, dass immer wieder gefragt wird: Ist jetzt wirklich garantiert, dass wir nicht in zwei Jahren wieder dieselbe Diskussion haben, dass wieder etwas zusammenbricht und angeblich noch einmal ein Schnitt erfolgen muss?

Und ich sage dazu: Es ist aus meiner Sicht auch sehr problematisch, vom Bürger Ver­ständnis für Restriktionen zu verlangen, wenn man gleichzeitig die Augen abwendet von der Tatsache, dass es in den letzten Jahren – und zwar nicht nur unter dieser Bun­desregierung –, in den letzten sieben, acht Jahren einen massiven Missbrauch mit dem Instrument der Frühpension in staatlichen und halbstaatlichen Unternehmungen und Institutionen gegeben hat. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Denken Sie nur an die Post, an die Bahn, an die Telekom. Da sind im vergangenen Jahr, im vergangenen Frühjahr Fälle aufgetaucht, wo man die Frühpension als Instru­ment der Unternehmenssanierung eingesetzt hat, indem hoch bezahlte Manager in diesen staatlichen und halbstaatlichen Unternehmungen keinen besseren Weg der Sa­nierung ihrer Unternehmen gewusst haben, als zu sagen: Wir bauen das Personal ab, indem wir diese Mitarbeiter künstlich in die Frühpension schicken, denn dann haben nicht mehr wir die Personalkosten zu tragen, sondern die Personallast trägt der Bund – sprich: die Beamtenpensionen sind vom Bund zu finanzieren –, und uns geht das nichts mehr an. Das sind die angeblich so erfolgreichen Unternehmer, die nicht alle von dieser Bundesregierung eingesetzt worden sind, sondern dort sitzen sehr viele, die schon von Vorgängerregierungen gekommen sind. Also wir brauchen keine Schuldzu­weisung vorzunehmen. Es gibt in diesen Unternehmen rote und schwarze Manager und parteifreie Manager, die alle im Grunde genommen die gleichen Nieten sind (Bei­fall bei den Freiheitlichen – Bundesrat Manfred Gruber: Oha!), weil sie keinen anderen Weg wissen, als über Personalabbau und öffentliche Lasten die Sanierung ihrer Unter­nehmen zu Rande zu bringen.

Ich habe daher im vergangenen Herbst, ausgelöst durch diese Debatte, eine Strafan­zeige eingestellt gegen diese betrügerische Herbeiführung von Frühpensionen in tau­sendfacher Weise, mit dem Ergebnis ... (Bundesrätin Auer: „Eingestellt“? – Bundesrat Konecny: Eingestellt haben Sie sie nicht, hoffentlich! Eingebracht! – Ruf bei der SPÖ: Ich glaub’, das war die Frau Vizekanzler! Entschuldigung, Herr Landeshauptmann!) Die Wahrheit ist: Die Frau Vizekanzler hat die Strafanzeige angekündigt, und ich hatte die Ehre, sie einzubringen. (Bundesrat Manfred Gruber: Herr Landeshauptmann! Die Frau Vizekanzler hat gesagt, dass sie es getan hat – hier im Haus! Das kann man nach­lesen!)

Herr Kollege, Sie können mir glauben, dass es so ist, wie ich es Ihnen sage. Und wenn es die Frau Vizekanzler auch noch getan hat, dann ist diese ihre Strafanzeige zwar bisher nicht aufgetaucht, aber sie wird hilfreich sein, diesen Prozess weiterzuführen.

Wir haben damit immerhin dazu beigetragen, dass es eine Sondergruppe der Kriminal­polizei im Innenministerium gegeben hat, die bis zur Stunde mehr als 4 300 solcher Betrugsfälle festgestellt hat – 4 358 Fälle genau bis zur Stunde. Wenn man das mit einer durchschnittlichen Pensionsleistung bei der Post und bei der Bahn hochrechnet, kostet das allein den österreichischen Steuerzahler pro Jahr 200 bis 240 Millionen €. Wenn Sie das jetzt dem Betrag gegenüberstellen, den wir offenbar laut Auftrag des Finanzministers hereinbringen sollen, nämlich zwischen 500 Millionen und 1 Milli­arde €, dann muss man sagen, dass dort schon sehr, sehr viele Gelder auf der Straße liegen, im wahrsten Sinne des Wortes, die holbar wären.

Und das begründet das Misstrauen der Bürger: dass man bei bewussten Missbräu­chen, bei Verfehlungen wegschaut, sogar jetzt noch die Augen zumacht, indem man sagt: Na ja, bei der Post werden sie nicht anders drüberkommen, als dass sie noch ein


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