Bundesrat Stenographisches Protokoll 697. Sitzung / Seite 100

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300 € auf der Seite zu haben, um diese privat einzahlen zu können. (Neuerlicher Zwi­schenruf des Bundesrates Mag. Himmer.)

Heute ist auch das Thema Steuerreform angesprochen und bemerkt worden, dass selbstverständlich auch die ÖBB ihren Beitrag dazu leisten müssen. – Ich habe nichts gegen Liberalisierung! Allerdings wird uns europaweit immer nur bestätigt, dass die Liberalisierung keine Besserstellungen, sondern nur Schlechterstellungen bringt. Im Prinzip habe ich nichts gegen Maßnahmen, wenn sie wirklich Fortschritte bringen und etwas besser wird. Das war allerdings noch in keiner Stadt Österreichs und bei keinem Eisenbahnunternehmen der Fall!

Dazu möchte ich einige Beispiele bringen: Die Sicherheit steht auf dem Spiel. Privati­sierungen gehen meist zu Lasten der Instandhaltung und Sicherheit der Infrastruktur. Die Unfallzahlen steigen; das ist jeden Tag beweisbar. Notwendige Neuinvestitionen werden auf Grund des harten Kostenwettbewerbs und der kurzen Laufzeiten der Ver­träge nicht getätigt. Es kommt zu steigenden Preisen bei sinkender Qualität. Wie inter­nationale Erfahrungen zeigen, verschlechtern sich die Angebotsqualität und die Zuver­lässigkeit, da meist billigere Fahrzeuge eingesetzt werden und die ArbeitnehmerInnen schlechter bezahlt werden und weniger qualifiziert sind. Außerdem ist bei Einsparun­gen in den Stationen im Hinblick auf Wetterschutz, Sitzgelegenheiten und Informations­möglichkeiten mit unübersichtlichen und zum Teil erheblich höheren Fahrpreisen, mit verlängerten Fahrzeiten und abnehmender Pünktlichkeit zu rechnen. Mittel- bis lang­fristig droht die Bildung europaweiter Verkehrsoligopole und lokaler privater Monopole. Es gibt keine Berücksichtigung gemeinwirtschaftlicher Ziele.

Die öffentliche Hand verfolgt bei Verkehrsdienstleistungen andere Ziele als jene der Profit-Maximierung: Sie kann hohe Qualität und Sicherheit, Zugang für alle, große Ver­sorgungsdichte und andere gemeinwirtschaftliche Ziele ermöglichen. Bei privaten An­bietern zählen nur die Gewinnmaximierung und die Aktienkurse. Von öffentlicher Rechenschaftspflicht und demokratischer Kontrolle ist keine Rede mehr. Ausfälle des Verkehrsangebotes und nicht koordinierte Vorgangsweisen einzelner Anbieter beein­trächtigen massiv die örtliche Wirtschaftsstruktur und die Stadtentwicklung.

Private konzentrieren ihr Angebot auf die lukrativen Strecken und stellen den Betrieb auf weniger lukrativen Strecken ein. Randbereiche werden nicht mehr versorgt. Be­wohnerInnen des ländlichen Raums sind somit oft gezwungen, auf das vielfach teurere, unökologischere und risikoreichere Privatauto umzusteigen. Durch die Privati­sierung und auch durch die organisatorische Trennung der Bereiche Betrieb und Infra­struktur werden bisher gut funktionierende Verkehrsdienstanbieter und Verbundsys­teme zerschlagen. Einsparungen sind meist nicht einmal effizienzsteigernd, da sie oft nur durch eine Reduktion der Personalkosten, durch ein Abnehmen der Qualität und eine Erhöhung der Tarife möglich werden. Koordination und Abstimmung der unter­schiedlichen Ebenen des öffentlichen Personen-Nahverkehrs gehen verloren.

Wir sollen den öffentlichen Verkehr jedoch erhalten und nicht privatisieren! Eine ent­sprechende Erhaltung des öffentlichen Verkehrs gehört zum Grundrecht der BürgerIn­nen auf Mobilität. Die Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit des öffentlichen Ver­kehrs und die Gewährung eines bestimmten Standards sind Staatsaufgaben und können nicht dem freien Wettbewerb überlassen werden, und sie können auch nicht der Europäischen Kommission überlassen werden. Vielmehr müssen nationalstaatliche Gestaltungsmöglichkeiten erhalten bleiben.

Der öffentliche Nahverkehr, wie er derzeit in vielen Ländern besteht, ist weit vom Ideal­zustand entfernt. Während er in Großstädten und Ballungsräumen einigermaßen zu­frieden stellend funktioniert, verschlechtert sich die Situation im ländlichen Raum zu­nehmend. Das mangelnde Angebot im ländlichen Raum führt zwangsweise zu einer


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