Bundesrat Stenographisches Protokoll 697. Sitzung / Seite 184

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Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Schennach das Wort.

 


21.33

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrte Herren Staatssekretäre! Zunächst möchte ich Herrn Vizepräsidenten Weiss einer „bösen“ Pflicht entheben oder einer Pflicht, der er wahrscheinlich gar nicht so gerne nachkommen möchte, nämlich, mir einen Ordnungsruf zu erteilen. Um 17.29 Uhr hatte ich im Zusammenhang mit der Dringlichen Anfrage an den Finanzminister ein Wort ge­braucht, das ich gerne mit Bedauern zurücknehme. Ich habe es auch nicht in dem Duk­tus gemeint, in welchem es hier steht, sondern im Sinne des Umgangssprachlichen. Ich habe Folgendes gemeint: Wahrscheinlich verhindert sein starkes Selbstbewusst­sein, einfach zu sagen: Das ist eine ungute Optik, da haben wir ein bisschen Scheiße gebaut!

Ich habe das im Sinne von „Blödsinn“ oder „Unfug“ gemeint, aber nicht im anderen Sinne. Ich ziehe das gerne zurück!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der heutige Tag zeigt, wie spannend Parla­mentarismus sein kann, wenn tatsächlich um Mehrheiten gerungen wird. Immerhin nimmt das bestehende Koalitionsabkommen der Regierung nicht auf den Bundesrat Bezug, das heißt, es schließt den Bundesrat nicht mit ein. Wenn heute Bundesräte von der Freiheitlichen Partei – begonnen hat es mit der Rede des Herrn Ing. Klamt – zum Ausdruck gebracht haben: Eine Zustimmung tut uns im Herzen, in der Seele weh, wir müssten hier gegen unsere Überzeugung stimmen! – und es hat auch Herr Bundesrat Gudenus hier in einer ähnlichen Weise argumentiert –, so zeigt dies, wie lebendig Demokratie sein kann und welche Chance in der zweiten Kammer beheimatet ist. Noch nie – zumindest seit ich hier bin – gab es so viel Aufmerksamkeit, auch öffentliche Auf­merksamkeit für das politische Geschehen in diesem Haus.

Wenn aber nun am Ende eines langen Ringens ein ungenießbarer „Wackelpudding“ übrig bleibt, dann kann ich nur sagen, Herr Ing. Klamt – er ist jetzt nicht im Raum – oder Herr Bundesrat Gudenus: Auf solch einem „Wackelpudding“ solch einen Tag des parlamentarischen Ringens abzuschließen, das wird der Debatte nicht gerecht.

Ich nehme hier die Worte des Herrn Ing. Klamt noch einmal in den Mund, der gemeint hat: Machen wir eine Pause! – Schon bei Zwentendorf hat vor Jahrzehnten eine Nach­denkpause sehr viel bewirkt, wie Sie sich vielleicht noch erinnern können. Vielleicht kann auch in diesem Fall eine Nachdenkpause viel bewirken. Nehmen wir damit auch eine gemeinsame Chance wahr, zu bewirken, dass der Bundesrat beziehungsweise die Länderkammer im politischen Bewusstsein in einer anderen Weise verankert wird als nur in dem Sinne, dass wir uns in einer Zwangssituation befinden – Herr Vize­präsident Weiss, es ist letztlich eine Zwangssituation! –, dass wir am „end of the pipe“ sind, was das Gesetzwerdungsverfahren betrifft, und eigentlich in der Zwangssituation sind, nur ja oder nein sagen zu können.

Wenn es nun für die FPÖ so schwierig ist, einem oppositionellen Veto zuzustimmen, so muss ich sagen: Ich glaube, die Opposition hätte kein Problem gehabt, wenn Sie selbst das Veto oder den Einspruch formuliert hätten.

Ich selbst habe hier in diesem Saal mindestens schon dreimal anders abgestimmt als meine Fraktion im Nationalrat, und ich stehe auch dazu. Das bezeichne ich auch als Wahrnehmen des freien Mandats. Wenn Sie glauben, jetzt mit diesem „Wackelpud­ding“ einer Zwangssituation gerecht werden zu müssen, in die Sie die ÖVP gebracht hat, die sagt, das sei eine Koalitionsfrage, dann haben Sie damit wahrscheinlich den ersten Kniefall getan, von dem Sie sich in dieser Koalition mit derlei unterschiedlichen Kräfteverhältnissen nicht mehr erholen werden. (Beifall bei der SPÖ.)

 


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