Bundesrat Stenographisches Protokoll 698. Sitzung / Seite 4

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Wir gehen in die Debatte ein. Zu Wort gemeldet ist unser Präsident, Kollege Hösele. – Bitte, nehmen Sie das Wort.

 


23.02

Bundesrat Herwig Hösele (ÖVP, Steiermark): Verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolle­ginnen und Kollegen! Nachdem wir heute schon eine sehr kontroverse Debatte gehabt haben, sind wir jetzt erfreulicherweise bei einem Thema, das sich auf einen Antrag bezieht, der von allen vier im Nationalrat und im Bundesrat vertretenen Parteien unter­stützt wird.

Es ist an sich nicht üblich, dass der Präsident des Hauses zu einem Punkt Stellung nimmt. Doch auch im Nationalrat hat der Nationalratspräsident zu diesem Thema Stel­lung genommen – nicht zuletzt deshalb, weil es eben große Übereinstimmung, ja Ein­stimmigkeit gibt, zweitens auch deshalb, weil wir uns auch ein wenig darum bemüht haben, dass diese Initiative, dass insbesondere dieser Österreich-Konvent auf den Weg kommt.

Es freut mich ganz besonders, dass dieser Konvent am 30. Juni 2003, also am nächs­ten Montag, hier im Bundesratssitzungssaal mit seiner konstituierenden Sitzung starten wird. Ich empfinde diese Ortswahl als ein schönes und wichtiges symbolhaftes Zeichen dafür, dass Österreich ein Bundesstaat ist und auch in Zukunft sein wird und dass der Bundesrat als Länderkammer des österreichischen Parlaments wesentlicher und un­verzichtbarer Grundpfeiler der bundesstaatlichen Ordnung ist.

Unverzichtbar heißt nicht unveränderbar, wobei unser Bestreben natürlich sein wird – und ich meine, wir liegen damit in einem richtigen internationalen und europäischen Trend –, die Stärkung der Regionen im Gesamtstaat und die Stärkung der Stellung des Bundesrates als Länderkammer zu erreichen. Meine persönliche Position ist Ihnen be­kannt: So viel europa- und österreicheinheitlich wie notwendig, so viel Bürgernähe, Subsidiarität, Föderalismus und Stärkung der Gemeindeautonomie wie möglich.

Beim Österreich-Konvent geht es nicht um Frontstellungen, Schuldzuweisungen, simple Reflexe und Besitzstandswahrung, sondern um eine offensive, kreative und tabulose Diskussion, um das Optimum für den Bundesstaat Österreich im 21. Jahrhun­dert unter den Bedingungen des neuen Europa zu erreichen, es geht quasi darum, einen Masterplan für den Staatsaufbau im 21. Jahrhundert zu erstellen. Und alle, die diesem Konvent zugestimmt haben – das sind alle vier im Bundesrat und im National­rat vertretenen Parteien, die Landeshauptleute, die Landtagspräsidenten, der Städte­bund und der Gemeindebund –, haben gewissermaßen eine Erfolgshaftung. Wenn die Vertreter der wichtigsten Institutionen der Republik, die besten Köpfe der Verfassungs­wissenschaft tagen, dann kann und darf es nicht sein, dass die Berge kreißen und ein Mäuslein geboren ward. Das würde das Vertrauen in die Politik nicht fördern, son­dern – im Gegenteil! – schädigen.

Voraussetzung für ein gutes Resultat ist nicht eine von den Bürgern als abgehoben empfundene Expertendiskussion, sondern die Erzielung von Win-win-Situationen für alle Gebietskörperschaften und vor allem die Bürgerinnen und Bürger unseres Staates. Es wird eine ganz wichtige Aufgabe sein, dies innerhalb der 18 Monate zu vermitteln und zu erreichen und möglichst viele Bürgerinnen und Bürger an dieser Österreich-Dis­kussion und Österreich-Bewegung teilhaben zu lassen. Wir brauchen in diesem Fall wirklich ganz sicher die Mitwirkung der „civil society“ auf vielen, auf neuen Wegen – und nicht nur als Lippenbekenntnis.

Der österreichische Bundesrat wird nicht nur durch einzelne seiner Repräsentanten in diesem Österreich-Konvent Beiträge leisten, sondern auch mit einem vom Institut für Föderalismusforschung vorbereiteten Workshop, der einvernehmlich nunmehr für 5. November 2003 festgesetzt wurde. Ich danke auch in diesem Zusammenhang Herrn


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