Bundesrat Stenographisches Protokoll 699. Sitzung / Seite 29

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Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Meine Damen und Herren! Ich möchte die Kolleginnen und Kollegen von der linken Seite des Hauses ersuchen, die Schilder von den Pulten zu nehmen.

Herr Bundesminister, bitte.

 


14.23

Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hoher Bundesrat! Sie verzeihen meine Stimme, sie ist ein wenig eingeschränkt, aber ich glaube, sie wird doch ausreichen, um all diese Fragen, die Sie aufgeworfen haben, erstens zu beantworten und Ihnen zweitens Ihre Sorgen, Frau Bundesrätin, zu nehmen, die Sie jetzt artikuliert haben.

Industriepolitik ist nichts anderes als Standortpolitik. Moderne Industriepolitik hat Standortpolitik zu sein, und es geht nicht ... (Bundesrat Gasteiger: Semperit!) – Semperit wurde, glaube ich, von Hannes Androsch verkauft, wenn ich es richtig sehe. Daher ist es gut, wenn Sie gleich das erste Beispiel eines Flops aus sozialde­mokra­tischer Zeit nennen. Wir machen es anders! Wir machen es besser, das darf ich Ihnen versichern. (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrat Steinbichler: ...voest ...! – Bundesrat Gasteiger: ...! Weil du nicht weißt, dass es ein Blödsinn ist!)

Moderne Industriepolitik ist also sicherlich Standortpolitik. Meine Damen und Herren! Öffentliches Eigentum an Betrieben, die private Güter produzieren, ist aus unserer Sicht ganz klar überholt.

Der Bundesregierung wird von Ihrer Seite manchmal vorgeworfen, dass wir kein industriepolitisches Konzept hätten; Präsident Verzetnitsch hat das öfter gemacht. Meine Damen und Herren von der SPÖ! Ich habe das ernst genommen, und wir haben uns angesehen, wo es im klassischen Sinn tatsächlich noch industriepolitische Kon­zepte gibt.

Es ist sehr interessant: Man landet bei dirigistischen, bei planwirtschaftlich, bei sozialis­tisch geprägten Wirtschaftssystemen, bei denen man den Eindruck hat, eine Regierung muss sich offensichtlich darum kümmern, was Schlüsselindustrie ist, muss festlegen, welcher Wirtschaftssektor tatsächlich funktioniert, muss sich um Versorgungssicherheit kümmern.

Meine Damen und Herren! Eine solche Auffassung über politische Verantwortung im Sinne eines klassischen industriepolitischen Konzepts findet sich wirklich nur noch in Ent­wicklungsländern, in Volksrepubliken und offensichtlich bei der Opposition in Österreich. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Wir wissen, dass Politiker keine Entscheidung darüber treffen können, ob ein Unternehmen, ob eine Industrie Zukunft hat oder nicht. Wir le­ben im dritten Jahrtausend, in einer globalisierten Wirtschaft, in einer vernetzten Welt. Da entscheidet der Unternehmer, da entscheidet der Markt darüber, wer erfolg­reich sein wird oder nicht!

Es ist Ihnen vielleicht entgangen, aber wir sind seit nunmehr vielen Jahren Mitglied der Europäischen Union. Diese geht von einer Wirtschafts- und Währungsunion aus. Wir haben den Euro, wir reden von einem Binnenmarkt. Allein da zu differenzieren, was In­land und was Ausland in einem solchen Markt ist, der im nächsten Jahr ein Markt der 25 sein wird, ist wirklich ein Anachronismus, sodass ich Ihnen ganz grundlegend nur noch einmal sagen kann: Unser Ziel der Industriepolitik ist nichts anderes, als moderne Rahmenbedingungen zu schaffen, sodass Unternehmen nach Österreich kommen, weil sie wissen, dass unser Land ein attraktiver Wirtschaftsstandort, ein attraktiver Ar­beitsstandort ist, damit Investitionen in unser Land kommen und damit für mehr Be­schäftigung, für mehr Wertschöpfung, für mehr Wohlstand in Österreich gesorgt wird.


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