Bundesrat Stenographisches Protokoll 699. Sitzung / Seite 70

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Es gibt eine zweite Dimension der Landesverteidigung, und zwar eine durchaus sys­tem­immanente, nämlich die Frage, ob bei den begrenzten Mitteln, über die unser Land verfügt, die Beschaffung dieser Flugzeuge die richtige Priorität zum Ausdruck bringt, unabhängig davon, ob man grundsätzlich die mögliche Bestellung solcher Flugzeuge bejaht oder verneint.

Es ist kein Argument der Sozialdemokraten, es ist ein Argument, das Tag für Tag aus dem Bereich des Bundesheeres zu hören ist: dass mit dieser Beschaffung jegliche verfügbare Mittel aus dem Bundesheer abgezogen werden, dass hier eine einseitige Prioritätenbildung erfolgt zu Gunsten von Flugzeugen, deren Sinnhaftigkeit höchst zweifelhaft ist, und dass dort, wo wir in den nächsten Jahren und – so steht zu be­fürchten – Jahrzehnten tatsächlich Investitionsbedarf im Bundesheer haben, die Mittel fehlen werden.

Da gibt es – und wir fragen Sie danach, Herr Bundesminister – höchst widersprüch­liche Angaben darüber, was Ihnen der Herr Finanzminister jetzt eigentlich zur Ab­deckung der horrenden Betriebskosten der Eurofighter versprochen hat: also ganz of­fensichtlich nicht die Abdeckung der gesamten Mehrkosten, sondern nur eines limitier­ten Teiles. Wo wollen Sie denn in einem zugegebenermaßen schmalen Budget die restlichen Mittel aufbringen? Gibt es dann kein Gemüse mehr in den Kantinen? Oder wird das Fleisch gestrichen? Oder dürfen die Infanterieeinheiten überhaupt nur mehr mit Platzpatronen üben, was militärisch relevanter ist als die Ernährung? (Bundesrat Mag. Gudenus: Wir sparen bei der Heeresfilm- und Lichtbildstelle  ein!)

Danke, Herr Kollege, das ist ein sehr seriöser Vorschlag: Wir sparen die Mittel bei der Heereslichtbildstelle ein. Da gäbe es offensichtlich tatsächlich eine beträchtliche Ein­sparungsmöglichkeit, aber der Herr Verteidigungsminister wird uns sicherlich sagen, wie er hier vorzugehen gedenkt.

Zur dritten Ebene dieser Debatte, und ich will mich da jetzt gar nicht groß in die Positur des beleidigten Musterdemokraten werfen: Herr Bundesminister! Die Bestellung, auch wenn sie bedingt ist auf den 6. August, muss einfach als eine Brüskierung des öster­reichischen Parlamentarismus und im Besonderen des Bundesrates angesehen wer­den. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Bundesminister! Sie hatten keine Ermächtigung, und Sie haben auch im Augen­blick keine Ermächtigung, diesen Vertrag zu unterschreiben. Die Bedingung auf einen zukünftigen – jetzt geklärten – Inkrafttretungszeitpunkt ist, freundlich formuliert, unge­wöhnlich, etwas härter formuliert: unzulässig!

Die Argumentation, dass es hier um eine Zinsersparnis gehe, haben Sie bis jetzt nie­mandem erklären können. Denn: Es mag schon sein, dass der Lieferant ein be­stimmtes Zinsniveau heute garantiert. Aber ob das ein Gewinn oder ein Verlust für die Republik ist, wird sich erst dann herausstellen, wenn wir den vertraglich vereinbarten Zinssatz mit dem realen Zinssatz in den Jahren 2007 Folgende werden vergleichen können; das können wir heute nicht. Ihre Behauptung, wir hätten uns damit Millionen Euro erspart, ist finanzpolitisch unsinnig und politisch kühn.

Es gibt aber noch eine vierte Ebene. Ich verstehe schon, dass der Herr Finanzminister sich nicht freiwillig aufdrängt, aber es gibt natürlich die Ebene, wo wir gerne mit ihm – aber die Ressortzuständigkeit liegt natürlich bei Ihnen, Herr Minister Platter – darüber diskutiert hätten, wie denn das eigentlich alles zustande gekommen ist. Und ich gebe offen zu, je länger diese Debatte dauert, desto unerquicklicher wird sie.

Da hat der Herr Finanzminister – es tut mir Leid, dass wir schon wieder von ihm spre­chen müssen, aber das ist seine, nicht meine Schuld – zunächst einmal dafür gesorgt, dass in einer sehr späten Phase des Bewertungsverfahrens ausgerechnet neun Jahre


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