Bundesrat Stenographisches Protokoll 699. Sitzung / Seite 108

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Dann brauchte sich der Herr Verteidigungsminister nicht über den Vertrag und der Herr Finanzminister nicht über die Kosten den Kopf zu zerbrechen. Aber ganz offensichtlich ist der Herr Bundeskanzler einem vergleichbaren Trugschluss aufgesessen wie Sie: Ganz so läuft das nämlich nicht! Das wäre sonst die Neuerfindung des Perpetuum mobile oder, wie man auch sagen könnte, der Kettenbriefe in der Wehrpolitik.

Die Wahrheit ist, dass wir uns hier mit einem ziemlich ungedeckten Wechsel auf ein Feld begeben haben, auf dem – und da muss ich Ihnen auch widersprechen; Ihnen ebenfalls, Herr Minister – diejenigen, die das Projekt erfunden haben, von tiefen Zweifeln gequält sind.

Es ist natürlich nicht wahr, dass das ein Vier-Staaten-Projekt ist – aber das nur am Rande. (Ruf bei der ÖVP: Sondern?) – Das ist ein Messerschmidt-Projekt, stammt aus der Mitte der 60er-Jahre und hieß damals Jäger 90. Es ist der damaligen Bundes­republik gelungen, Partner zu finden, wobei es im Wesentlichen ein deutsches Projekt geblieben ist, weshalb zu Beginn der neunziger Jahre die Franzosen tief ergrimmt ausgestiegen sind. – Aber es würde zu weit führen, die sehr schmerzhafte Geschichte dieses Flugzeuges, das schon verschiedene Namen getragen hat, zu erzählen.

Herr Minister! Ich weiß nicht, wo Sie die Statistik herhaben, die Sie uns da so stolz ge­zeigt haben. Ich fürchte, sie ist von der EADS-Werbeabteilung. Wahr ist jedenfalls Fol­gendes: Mit den Bestellungen durch die vier Staaten ist es überhaupt nicht so, wie es dargestellt wird. Diese haben eine erste Tranche von 148 Flugzeugen bestellt – ohne Zweifel. – Oje, die Kollegin Haunschmid ist gegangen; das tut mir aber Leid. (Bun­desrätin Schicker: Da ist sie!) – Aha, sie hat sich in einen anderen Winkel zurückge­zogen und holt sich neue Munition.

Es ist natürlich nicht wahr, dass die Entwicklungskosten mit dem Kaufpreis – so wie es versucht wurde – gegenverrechnet wurden. Frau Kollegin! Ich nehme an, Sie wissen das für Ihren Bereich sehr genau: Zuerst investiert man etwas – ganz egal, ob in ein Gasthaus oder in einen Abfangjäger –, und wenn man richtig investiert hat, kommt dann das Geld zurück. – Der Unterschied zwischen Ihnen und der deutschen Regie­rung ist: Sie müssen sich Ihre Schnitzel nicht selber abkaufen. Die deutsche Regierung kauft sich ihre Schnitzel – Verzeihung, ihre Abfangjäger! – selbst ab und sorgt so dafür, dass sich die Investition rentiert. (Zwischenruf der Bundesrätin Haunschmid.)

Noch einmal: 148 Flugzeuge sind von den vier Nationen bestellt. Außer den 18 an Österreich ist kein einziges Flugzeug außerhalb dieser vier Nationen verkauft. Ich habe schon darauf hingewiesen, dass der Erzeuger heftige Probleme hat, andere Käu­fer zu dem Preis zu finden. (Vizepräsident Weiss übernimmt den Vorsitz.)

Die entsprechenden Trägernationen – bleiben wir einmal bei diesem Ausdruck – haben sich tentativ dahin orientiert, weitere 236 Stück zu kaufen. Das besagte „Jane’s De­fense Weekly“ berichtet, dass von den entsprechenden Bestellerländern kräftige Redu­zierungen überlegt werden, beziehungsweise diese 20-prozentige Preisreduktion mit der Erpressung – das kann man ruhig so sagen – durchgesetzt wird, dass man dann eben weniger oder gar keine mehr bestellt. (Bundesrat Mag. Gudenus: Oder weniger Stück geliefert werden!) – Ja, richtig: um dasselbe Geld weniger Stück, nicht?

Wie gesagt: So reibungslos, wie uns das der Herr Minister mit Sachkompetenz – und die Frau Kollegin nicht ganz so – versucht hat, zu erklären, läuft es auch zwischen den vier Trägernationen nicht.

Es ist bemerkenswert, wie heute hier die Propheten angetreten sind. Herr Minister! Ich gebe ja zu, Bundesminister ist ein sehr ehrenvoller Job. Wenn Sie aber das Zinsniveau des Jahres 2007 vorhersagen können, dann wüsste ich einen lukrativeren Beruf für Sie: Das gesamte Bankgewerbe wäre außerordentlich dankbar, wenn ihm irgendje-


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