BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 29

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noch folgen. Es müssen materielle Entschädigungen für die Vertriebenen so wie in der Slowakei, so wie in Slowenien, auch in der Tschechischen Republik möglich sein.

Trotz aller Gefahren, trotz aller Verunsicherungen, die man nicht wegdiskutieren kann und soll, halte ich, wie eingangs gesagt, diesen Schritt, diese Erweiterung der Euro­päischen Union für eine wichtige und historische Chance für Österreich und für Europa. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

9.27

 


Präsident Hans Ager: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Professor Albrecht Konecny. Ich erteile ihm dieses.

 


9.27

Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist tatsächlich so etwas wie ein historischer Mo­ment, wenn die Teilung des europäischen Kontinents, wie sie in den Vereinbarungen von Jalta grundgelegt wurde, nächstes Jahr – politisch längst, aber formal nächstes Jahr – in wesentlichen Bereichen überwunden wird. Dieses Europa hat eine blutige und kontroverse, aber letztlich einheitliche Geschichte. Dieser Kontinent hat eine aus vielen Mosaiksteinen zusammengesetzte, aber letztlich einheitliche Kultur und Zivili­sation, und es ist schon so, dass mit diesem Erweiterungsschritt zusammenwächst, was zusammengehört, wie das Willy Brandt im Zusammenhang mit der Einigung Deutschlands genannt hat.

Das ist die historische Dimension. Und die Freude über diese Notwendigkeit und die Freude darüber, dass diese Notwendigkeit erfüllt werden kann, soll natürlich nicht über­decken, was es an wichtigen und bedeutsamen Problemstellungen, an offenen Fragen, an gemeinsam zu adressierenden Problemen gibt. Aber es soll auch die Diskussion über all das, was da noch gelöst und besprochen werden muss, den Blick auf den großen geschichtlichen Wurf, der hier erreicht wurde, nicht verstellen. Da muss die Balance einfach hergestellt werden.

Zu dem großen geschichtlichen Wurf gehört auch und insbesondere, dass jener Wirt­schaftsraum, jener einheitliche Wirtschaftsraum, der die wirkliche Kraft der Euro­päischen Union bildet und der sich entsprechend den Vereinbarungen der Mitglied­staa­ten mehr und mehr auch zu einem Raum der gemeinsamen Werthaltungen, der ge­meinsamen, auch internationalen, politischen Zielsetzungen entwickelt, substantiell wächst.

Ich verhehle überhaupt nicht – ohne damit eine bestimmte, in die Geschichte weisende politische Präferenz andeuten zu wollen –, dass mir in den letzten zehn Jahren, in denen ich beruflich den größten Teil des Jahres in den meisten der heutigen Bei­trittsstaaten und darüber hinaus verbracht habe, immer tiefer bewusst geworden ist, wie viel diese nun doch schon lange zurückliegende einstige politische Einheit immer noch an Gemeinsamkeit bedingt, um wie viel leichter ich mich mit Kroaten – diese sind diesmal noch nicht dabei – und Slowaken verstehe als mit manchen Westeuropäern, weil gewisse Dinge einfach nicht ausdiskutiert werden müssen, weil sie zum gemein­samen Erfahrungsschatz gehören.

Insofern hat diese ganz spezifische Erweiterung eine besondere Dimension, weil sie eben Länder umfasst, mit denen uns eine wahrlich auch, in manchen Phasen, kon­troverse Geschichte zusammenschweißt und trennt zugleich, weil es sich um Länder handelt, denen wir in besonderem Maße verbunden sind.

Es gehört zu den Ironien dieses Prozesses, dass erfreulicherweise die österreichische Wirtschaft dieses Naheverhältnis und die Vorteile, die es beinhaltet, früh und zielstrebig erkannt hat und dass wir in diesen Ländern heute wesentliche Betriebe, Unterneh-


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