BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 45

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10.37

Bundesrat Jürgen Weiss (ÖVP, Vorarlberg): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zur verfassungsrechtlichen Grundlage für den Abschluss des Vertrages über den Beitritt von zehn neuen Mitgliedstaaten der EU gibt es – das hat ja auch die bisherige Diskussion gezeigt – keinen einzigen Grund, nicht uneingeschränkt ja zu sagen. Es entspricht auch dem klaren Willen der von uns in der Bundesgesetzgebung zu vertretenden Länder, die erforderliche Zustimmung zu diesem verfassungsändernden Bundesverfassungsgesetz zu erteilen.

Aus dieser Erweiterung und der durch den Konvent vorgezeichneten Vertiefung wird sich zwangsläufig ergeben, dass die EU mit mehr Leben erfüllt wird und die Frage stär­kere Bedeutung bekommt, wie in den einzelnen Nationalstaaten europäische Ent­scheidungen mit ihrem immer größer werdenden Anteil am politischen Geschehen noch beeinflusst werden können.

Wir diskutieren in der nächsten Zeit sehr intensiv das Zusammenspiel von Gemeinden, Ländern und Bund, aber wir blenden dabei ein wenig aus, dass die wesentlichen politischen Entscheidungen künftig auf einer ganz anderen Ebene fallen werden und es wahrscheinlich einer intensiven Anstrengung bedarf, die bisherigen Mitwirkungs­mög­lich­keiten, die innerstaatlich für die Bürger und für die Gebietskörperschaften gegeben sind, auf diese neuen Mechanismen zu übertragen.

Aus der Sicht der Länder steht bei diesen Anliegen zunächst im Vordergrund, das 1992 damals für den EWR eingeführte Länderbeteiligungsverfahren den geänderten Verhält­nissen und den in der Praxis gemachten Erfahrungen anzupassen. Die Landtags­präsi­dentenkonferenz und auch die Landeshauptmänner haben dazu bereits konkrete Vor­stellungen entwickelt und auch dem Bundesrat mit der Bitte um Unterstützung über­mittelt. Aus Gründen der Zeitökonomie verzichte ich darauf, das jetzt im Detail näher auszuführen.

Es gibt noch eine zweite Handlungsebene neben der Europäischen Union, nämlich internationale Handelsübereinkommen – namentlich in Diskussion zuletzt das GATS. Der Vorarlberger Landtag hat am 7. Mai dieses Jahres im Zusammenhang damit vom Bund Verhandlungen über den Abschluss einer rechtlich verbindlichen Vereinbarung über die Wahrung der Rechte und Interessen der Länder beim Abschluss solcher Han­delsübereinkommen gefordert, die sich an dem für die EU entwickelten Länderbeteili­gungs­verfahren orientieren soll. Einen ähnlichen Beschluss hat kürzlich auch der Land­tag von Niederösterreich gefasst.

In der Beantwortung einer dazu eingebrachten parlamentarischen Anfrage hat der Wirt­schaftsminister kürzlich die Auffassung vertreten, dass die Wahrung der Interessen der Bundesländer durch die bisherigen Instrumente gesichert sei. Aber abgesehen davon, dass sich diese Instrumente lediglich auf Vorhaben der EU anwenden lassen, wird diese Einschätzung des Wirtschaftsministers auf Länderseite keineswegs geteilt, denn die entsprechenden Entschließungen der Landtage wurden ja ausdrücklich damit be­gründet, dass die derzeit praktizierte Einbindung in den innerösterreichischen Willens­bildungsprozess der Betroffenheit der Länder in keiner Weise gerecht werde.

Wenn die Länder in ihrer gemeinsamen Stellungnahme vom 26. März dieses Jahres vom Bund eine transparente Verhandlungsführung und eine effiziente Beteiligung an der innerstaatlichen Willensbildung hinsichtlich des GATS einfordern, dann kann von ei­ner ausreichenden Wahrnehmung der Länderinteressen und einer entsprechenden Rechtsgrundlage dafür wohl keine Rede sein.

Abgesehen von diesen Anliegen der Länder wird es auch für den Bundesrat selbst Handlungsbedarf geben. Nach dem vom Konvent vorgelegten Verfassungsentwurf – Herr Kollege Tusek war daran maßgeblich beteiligt, wofür ihm sehr zu danken ist, und


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