BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 146

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Es ist aber erforderlich – lassen Sie mich dies als Vorsitzender in dieser unserer par­lamentarischen Länderkammer besonders betonen –, dass bei allen Auseinanderset­zun­gen, die in einem Parlament, auch bei uns, üblich sind, nie jenes Maß an Anstand, Be­nehmen und Kultur im öffentlichen Leben, auch dieses unseres Hauses außer Acht gelassen werden, welche dankenswerterweise im privaten Leben für uns alle eine Selbstverständlichkeit sind. (Allgemeiner Beifall.)

Dabei möge man nicht vergessen, dass es auch in der heftigsten Auseinandersetzung nicht darauf ankommt, wie jemand etwas meint, sondern vielmehr darauf, wie es an­dere aufnehmen. Jeder von uns trägt daher große Verantwortung für den Stil unserer parlamentarischen Staatswillensbildung und ist damit auch prägend für die Visitkarte, die wir Politiker in der Öffentlichkeit Österreichs und mit unserem Land in der Völker­gemeinschaft abgeben.

Einige von Ihnen wissen, dass ich ein sehr gefühlsbetonter Mensch bin. Lassen Sie mich daher noch ein Erlebnis schildern, das ich vor zwei Wochen hatte.

Eine meiner ersten Amtshandlungen als Präsident dieser Kammer führte mich ins Bur­gen­land zum Begräbnis von Alt-Landeshauptmann Karl Stix. Am offenen Grab wür­digten viele Persönlichkeiten den Lebensweg dieses hervorragenden Politikers und außer­gewöhnlichen Menschen.

Meine Gedanken kreisen seither immer wieder darum, ob es nicht doch möglich sein könnte, dass wir einander trotz vieler Gegensätzlichkeiten und des vielen, was uns oberflächlich trennt, auch in der Tagespolitik mit mehr gegenseitiger Achtung und Tole­ranz begegnen. (Allgemeiner Beifall.)

Sie wissen auch, dass ich fast mein ganzes bisheriges Leben im und mit dem Touris­mus verbracht habe, einem Berufszweig, der für den Aufbau und Wohlstand unseres Landes sehr wichtig war und ist. Und deshalb widme ich diese Präsidentschaft den vielen kleinen Wirtinnen, Wirten und Mitarbeitern, die oft unbedankt im Hintergrund agieren und bis an die Grenzen der Belastbarkeit gehen. Sie sind Pioniere und für mich die wahren Baumeister dieses unseres wunderschönen Österreich. (Allgemeiner Bei­fall.)

Lassen Sie mich zum Schluss noch ein Anliegen, das mich immer wieder beschäftigt, streifen: Jugend und Politik, Politikverdrossenheit der Jugend und Jugend im Allge­meinen. Die Jugend sucht Geborgenheit und Solidarität und findet beides am ehesten bei ihresgleichen. Sie findet es oft nicht mehr in der Politik, aber auch nicht in anderen Institutionen. Die jungen Leute stehen hinter uns Erwachsenen in der Warteschlange und fühlen sich offensichtlich ziemlich allein gelassen. Sie machen ihr Privatleben viel mehr öffentlich, ihre überschäumende Freude, und zeigen dabei ihre oft hilflose Wut und ihren manchmal abgrundtiefen Schmerz.

Wir Erwachsenen haben mehr Übung darin, in der von uns mitverantworteten Kälte der Welt zu überleben, aber wir haben keinerlei Grund, unsere Routine mit moralischer Überlegenheit zu verwechseln.

Danken möchte ich noch meiner Familie, meiner Frau, die heute hier ist, meinen zwei Söhnen und meiner Schwiegermutter, ohne deren unermüdlichen Einsatz im Betrieb zu Hause ich diese Präsidentschaft hier nicht ausüben könnte. (Allgemeiner Beifall.)

Ich fühle mich einer wunderschönen Aufgabe verpflichtet: der persönlichen Arbeit im Bundesrat, der zweiten Kammer im österreichischen Parlament.

Mit der Bitte, das Verbindende vor das Trennende zu stellen, bedanke ich mich für Ihre Aufmerksamkeit. (Lang anhaltender allgemeiner Beifall.) – Danke schön.

 


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