BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 150

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Als ich einmal bei einer Veranstaltung erklärt habe, Reformen, die nicht wehtun, seien keine Reformen, hat man mir unterstellt, ich würde deshalb Reformen machen oder anleiern, weil ich Menschen wehtun wolle. – Das will ich überhaupt nicht! Gesagt habe ich: Reformen, die nicht greifen, sind keine Reformen. Man muss Reformen von Zeit zu Zeit durchführen. Und gesagt habe ich das im Zusammenhang mit den Politiker-Pensionen, aber das hat man nicht dazugesagt. In diesen Fragen bin ich konsequent: Man darf der Bevölkerung nicht mehr zumuten, als man sich selbst zumutet. Das muss uns allen klar sein. (Allgemeiner Beifall.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Dieser solidarische Bundesstaat muss eines zur Vor­aussetzung haben: Wir brauchen eine funktionierende Wirtschaft, damit wir uns die Sozialstandards nicht nur leisten, sondern auch aufrechterhalten können. Diese Sozialstandards sind wichtig, und zwar nicht nur für Österreich, sondern für Europa. Neben dem Föderalismus ist das soziale Sicherheitssystem in Österreich ein Vorbild für viele Länder Europas – und war auch immer eines.

Wir müssen diese sozialen Standards auch erhalten, nur: sie müssen auch leistbar bleiben. Deshalb müssen wir notwendige Reformen durchführen, und zu diesen not­wendigen Reformen zählt sicherlich die Harmonisierung der Pensionssysteme. Ich weiß, ich spreche das auch zu einer Unzeit an, aber ich bin überzeugt, wir müssen mit den Sozialpartnern und allen, die an Reformen interessiert sind, zusammenarbeiten. Wir sollten uns in dieser Frage an der Bundesrepublik Deutschland ein Beispiel neh­men, die in einer äußerst schwierigen Zeit – ich habe es nicht für möglich gehalten – eine Gesundheitsreform zustande gebracht hat, die harte Einschnitte bedeutet, eine Gesundheitsreform, die von einer sozial-grünen Regierung vorgelegt wurde und die eine Mehrheit gefunden hat, weil die Opposition sie mit unterstützt hat. Ich weiß nicht, ob so etwas in Österreich nicht bereits im Vorfeld völlig zerredet würde.

Notwendig wird es sein, nur sollten wir nicht immer so lange warten, bis es keine Alternative mehr dazu gibt, sondern man sollte es so rechtzeitig machen, dass man die Gestaltungsspielräume noch einigermaßen ausnützen kann. Nehmen wir nur die Debatten, die wir heute überall erleben, schauen wir nur in die jüngere Geschichte zurück: Wäre man seinerzeit in der Voest etwas vernünftiger gewesen, die Belegschaft hätte heute noch ihre Firmenpensionen – heute haben diese nur noch die hohen Vorstandsdirektoren, und das ist der Skandal. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheit­lichen.)

Wirtschaft und soziale Sicherheit sind für mich untrennbar miteinander verbunden. Ich sehe in diesen Positionen die Hauptaufgaben des Konvents, weil das die Länder und Gemeinden in gleicher Weise wie die Republik Österreich betrifft. Wir sollten uns eines immer vergegenwärtigen: Wir brauchen einen Grundkonsens in einigen wichtigen, ent­scheidenden Fragen, die Lebensgrundlage unseres Volkes sind.

Wir haben uns auch bemüht, von Tiroler Seite etwas beizutragen, und haben einen Tiroler Konvent zur Beratung der Mitglieder des Konvents – das sind der Landes­haupt­mann und der Landtagspräsident – eingerichtet, um gleichzeitig auch die notwendigen Reformschritte parallel dazu für das Land und im Land zu beraten und gleichzeitig ein größeres Gremium zu haben, das die Delegierten entsprechend berät. Der Präsident des Tiroler Landtages Professor Mader, der vor 30 Jahren selbst Bundesratspräsident war – und zwar der jüngste Bundesratspräsident; er ist heute unter uns, er wurde auch begrüßt –, hat dankenswerterweise die Aufgabe übernommen, dem Tirol-Konvent vorzustehen.

Wenn es Interesse an dieser Einrichtung oder an einem ständigen Gedankenaus­tausch gibt, dann sind Sie alle sehr, sehr herzlich eingeladen.

 


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