BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 181

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ist, länger oder am Wochenende zu arbeiten. Ich glaube aber nicht, dass wir – Sie haben die Globalisierung angesprochen, und da bin ich voll bei Ihnen – mit unserer Gesetzgebung dieser vollen Globalisierung ständig Rechnung tragen sollten, ganz im Gegenteil.

Ich beziehe mich auf eine Aussage von Herwig van Staa, die er heute Vormittag hier ge­macht hat. Er sagte zum Beispiel im Zusammenhang mit der Transitfrage ... (Bun­desrat Dr. Kühnel: Das passt aber jetzt nicht dazu!) – Hören Sie gut zu, Herr Kühnel, Sie wissen noch nicht einmal, was ich sagen will, oder können Sie hellsehen? Er hat gesagt: Es kann doch nicht sein, dass das Recht auf Gesundheit im Vergleich zum Recht des freien Warenhandels nachrangig ist. Und da gebe ich ihm völlig Recht. Es kann doch nicht so sein, dass wir diesen Schritt setzen, nur um die großen Handels­ketten zu befriedigen. Die kleinen Gewerbetreibenden – das hat schon Kollegin Kainz gesagt – leiden genauso darunter, die wehren sich genauso gegen diese erweiterten Öffnungszeiten. Es geht doch nicht, dass wir den großen Handelsketten immer mehr und mehr Gewinnmaximierung ermöglichen.

Sie werden noch an meine Worte denken, vor allem bezüglich der Sonntagsfrage. Auch wenn Sie heute hier sagen, dass diese tabu sei, sie wird nicht mehr lange tabu sein, denn wo steht es geschrieben, dass das Bedürfnis des Kunden, wie Sie vorhin aus­geführt haben, einkaufen gehen zu wollen, nicht plötzlich auch am Sonntag auftreten kann? Ich glaube, dass wir da sehr wohl eine Fehlentscheidung treffen, wenn wir diesen Forderungen der Großketten immer wieder Rechnung tragen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Kollegin Kainz hat schon darauf hingewiesen, wie die Beschäftigtensituation im Handel ist, dass von 300 000 Arbeitnehmern 68 Prozent Frauen sind und weitere 300 000 Be­schäftigte in den angegliederten Dienstleistungsbereichen tätig sind. Aber auch viele Klein- und Mittelbetriebe sind davon betroffen, weil sie einfach nicht mithalten können. Sie selbst sagen, wir können diese Zeiten im Wettbewerb einfach nicht abdecken.

Es hat sich niemand Gedanken darüber gemacht, ob den Frauen, die in diesem Be­reich beschäftigt sind, ihre Tätigkeit zu dieser Zeit überhaupt möglich ist. Es hat niemand die Kinderbetreuungseinrichtungen darauf ausgerichtet. In manchen Berei­chen sind sie überhaupt noch mangelhaft vorhanden, in anderen Bereichen, in denen wir sie zwar flächendeckend haben, sind die Zeiten aber nicht auf die Anforderungen aus­gerichtet. Es soll in Zukunft die Möglichkeit geben, von 5 Uhr bis 21 Uhr von Montag bis Freitag und am Samstag eben bis 18 Uhr offen zu haben. Das heißt, die Frauen werden in Zukunft nicht wissen, wo sie während diesen Zeiten ihre Kinder unterbringen sollen.

Ein zweiter für mich sehr wesentlicher Punkt ist: Ich habe einen Zweitwohnsitz in Nie­derösterreich im Piestingtal. Jetzt muss mir einmal jemand erklären, wie eine Billa-Verkäuferin ihrer Tätigkeit nachkommen soll. Man muss sich einmal vorstellen, dass es im Handel eine fast einstündige Vorbereitungszeit gibt. Um 5 Uhr ist Öffnungszeit, eine Stunde Vorarbeit bedeutet 4 Uhr plus Anfahrtszeit – jetzt gehe ich einmal global von einer halben Stunde aus –, das heißt, man kann sich ausrechnen, wann die Beschäf­tigten wegfahren müssen, und am Abend spielt sich dasselbe noch einmal ab. Ich frage mich, wie diese Frauen angesichts dessen, dass es keinerlei öffentliche Ver­kehrsmittel um diese Uhrzeit gibt, zu ihrer Arbeitsstätte und von ihrer Arbeitsstätte nach Hause kommen sollen. (Bundesrat Dr. Kühnel: Mit dem Postbus!)

Der fährt um diese Zeit nicht mehr, lieber Kollege Kühnel! Aber ich lade Sie gerne ein­mal ein, fahren Sie einmal mit mir diese Strecke, damit Sie auch wissen, was Sie hier beschließen!

 


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