Drittens: Im Bereich der Gesetzgebungsorgane wird die sorgfältige Beratung durch die fachkundigen und zuständigen Ausschüsse unterlaufen, wenn sie im Budget- beziehungsweise im Finanzausschuss konzentriert wird. Auch das ist der Qualität der Gesetze nicht förderlich.
Viertens: Die übertriebene Nutzung von Sammelnovellen entwertet auch die legistischen Richtlinien der Bundesregierung, wonach die Verbindung einzelner Gesetzesänderungen zu einem einzigen Gesetzesbeschluss nur ausnahmsweise und nur bei sachlichem Zusammenhang zulässig ist. Wie schon bei früheren Budgetbegleitgesetzen, die teilweise sogar noch eine Vermischung mit Verfassungsbestimmungen vorsahen, wurde auch im letzten Anlassfall die Berufung auf diese Ausnahme etwas überstrapaziert. Es wurden nämlich Gesetze nicht nur novelliert, sondern mehrfach auch neu geschaffen. Ein sachlicher Zusammenhang mit dem Budget ist beispielsweise bei einer verschärften Bonitätsprüfung im Glücksspielgesetz, bei der Festlegung einer Gültigkeitsdauer von Rezepten des Arztes und bei vorübergehenden Maßnahmen im Bereich des Strafaufschubes nicht zu erkennen.
Fünftens: Durch Sammelgesetze wird die parlamentarische Diskussion stark komprimiert. Im Jahre 2000 hatten wir im Bundesrat 107 Gesetzesbeschlüsse zu behandeln, im Jahre 2001 waren es 150, und das wegen der Neuwahlen verkürzte Jahr 2002 brachte es auf 101 Gesetzesbeschlüsse. Heuer werden wir bis Ende Oktober 63 Gesetzesbeschlüsse behandelt haben. Mit dem jüngsten Budgetbegleitgesetz allein kamen wir auf 90 Bundesgesetze. Das ist im Durchschnitt der letzten Jahre nahezu eine gesamte Jahresproduktion. Dass auf diese Weise viele Einzelfragen nicht mehr mit der wünschenswerten Klarheit und der notwendigen Transparenz für die Öffentlichkeit diskutiert werden können, liegt auf der Hand.
Sechstens können durch die Einbindung in ein Paket umstrittene und für sich allein abzulehnende Regelungen auch politisch immunisiert werden; im Sinne einer Güterabwägung müssen sie zähneknirschend in Kauf genommen werden. Auf diese Weise wird vor allem den Ländern immer wieder ein Einverständnis abgenötigt, das für einzelne Maßnahmen an sich nicht so zu erhalten gewesen wäre. Sammelnovellen können somit auch als Instrument unsachlicher Junktimierung eingesetzt werden.
Schließlich wird siebtens auch das Einspruchs- und Zustimmungsrecht des Bundesrates durch die politische Wirkung eines Sammelgesetzes faktisch ins Leere laufen gelassen. Vom Umfang her ist das so, als ob der Bundesrat nur einmal oder zweimal im Jahr zusammentreten und die in der Zwischenzeit angefallenen Gesetzesbeschlüsse unter einem absegnen würde. Es liegt auf der Hand, dass auch auf diese Weise die Funktion einer zweiten Kammer ausgehöhlt werden würde.
Mit der Vorlage eines Gesetzesantrages an den Nationalrat wollen wir dieser Aushöhlung in sachgerechter Weise entgegenwirken. Wir würden damit ein der zweiten Lesung im Nationalrat vergleichbares Instrument in die Hand bekommen, ohne so weit gehen zu wollen, auch ein einzelnes Gesetz aufzuschnüren, was natürlich zum legistischen Problem unvollständiger Gesetze führen könnte. Darum geht es ausdrücklich nicht, sondern um die Wiederherstellung jenes eigentlich natürlichen Zustandes, der ohne die Zusammenfassung in einer Sammelnovelle bestehen würde.
In diesem Zusammenhang möchte ich noch eine offene Frage ansprechen, nämlich die nach dem weiteren Schicksal von Gesetzesanträgen des Bundesrates. Sie werden dem Nationalrat übermittelt und dort dem zuständigen Ausschuss zugewiesen. Im Gegensatz zu Gesetzesanträgen, die von einzelnen Nationalratsabgeordneten eingebracht werden, gibt es selbst für einstimmig zustande gekommene Anträge des Bundesrates keine dem § 69 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Nationalrates entspre-
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