Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich danke für den Bericht.
Wir gehen in die Debatte ein.
Als Erster zum Wort gemeldet ist Herr Professor Hösele. – Bitte.
11.37
Bundesrat Herwig Hösele (ÖVP, Steiermark): Verehrte Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der im Nationalrat von allen vier Parteien gefasste Beschluss zu diesem Tagesordnungspunkt – und ich gehe davon aus, dass der Beschluss auch hier heute einstimmig sein wird – ist ein deutliches Zeichen des Konsenses, der gerade in fundamentalen demokratiepolitischen Fragen wichtig ist.
Dieser Beschluss schafft sicher auch mehr Gerechtigkeit, und zwar insofern, als jemand, der das 18. Lebensjahr vollendet hat und volljährig geworden ist, nunmehr auch tatsächlich mit Erreichung des 18. Lebensjahr wählen kann. Er schafft – man denke hier etwa daran, dass bei der Nationalratswahl im vergangenen November elf Monate lang Personen eines Jahrgangs nicht wählen konnten – auch eine größere Mitgestaltungsmöglichkeit für junge Staatsbürgerinnen und Staatsbürger.
In ähnlicher Weise wird auch das passive Wahlrecht neu geregelt, sodass nunmehr im Hinblick darauf der Tag der Vollendung des 19. Lebensjahrs für die Kandidatur zum Nationalrat und der Tag der Vollendung des 35. Lebensjahrs für die Kandidatur zum Bundespräsidenten in gleicher Weise mit dem Wahltag zusammengeführt wird. Dies würde es zum Beispiel auch ermöglichen, dass Frau Dr. Glawischnig als Bundespräsidentschaftskandidatin zur Wahl antreten könnte, wenn sie wollte – was sie vor diesem heutigen Beschluss nicht könnte.
Es ist aber auch noch auf eine andere Sache hinzuweisen – wir haben das am Dienstag im Ausschuss auf Grund der Anfrage des Herrn Vizepräsidenten Weiss debattiert –: Verfassungsartikel 95 sieht vor, dass die Landtagswahlordnungen die Bedingungen des aktiven und passiven Wahlrechtes nicht enger ziehen dürfen, als die Bundesverfassung sie für Wahlen zum Nationalrat zieht.
Das bedeutet, dass sowohl in Kärnten als auch in Salzburg die Landtagswahlordnungen noch vor der Landtagswahl geändert werden müssen, um nicht eine verfassungswidrige Situation entstehen zu lassen, und dass auch bei den anderen Bundesländern diese Sache überprüft werden muss, weil es da keine Übergangsbestimmungen gibt. Es ist vom Verfassungsdienst des Bundeskanzleramtes schon überprüft worden. In beiden Bundesländern ist es noch nicht geregelt worden, obwohl man es schon hätte regeln können.
Die heutige Novellierung ist ein erfreulicher Schritt, aber nur ein kleiner Erfolg. Eine umfassende Verfassungs- und Wahlrechtsdiskussion ist auch noch im Zusammenhang mit dem Österreich-Konvent zu führen. Ich darf einige wenige Punkte anführen, die teilweise schon seit Jahren Gegenstand von Diskussionen sind, die aber in diesem Zusammenhang besonders beachtet werden müssen.
Erstens: Auf den sehr wichtigen Punkt der Briefwahl und des E-votings möchte ich nicht sehr intensiv eingehen, weil das meine Kollegin Giesinger anschließend tun wird, ich möchte lediglich festhalten, dass das in vielen europäischen Demokratien mittlerweile Standard ist und dass die Wahlbeteiligungen der letzten Wochen im urbanen Raum neuerdings dazu heftigen Anlass gegeben haben.
Außerdem geht es – zweiter Punkt – auch um eine ehrliche Diskussion darüber, ob mehrheitsbildende Elemente im Wahlrecht erwünscht sind oder nicht. Auch sozialdemokratische Exponenten, wie etwa Dr. Gusenbauer oder Bürgermeister Häupl, haben sich für eine ehrliche Diskussion um ein solches Mehrheitswahlrecht ausgespro-
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