Bundesrat Stenographisches Protokoll 701. Sitzung / Seite 59

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Warum sollen Jugendliche nicht sagen können: Ich gehe wählen!? Warum haben Sie solche Angst vor den jungen Menschen und ihren politischen Voten? Das verstehe ich nicht!

Liebe Frau Kollegin Giesinger! Sie werden wahrscheinlich in Ihrer Partei nicht aktiv werden. Ich sage Ihnen auch, warum ich bei zwei Dingen ebenfalls nicht aktiv werden werde, nämlich bei der Briefwahl und beim E-Voting. Es geht doch immer um zwei wichtige Dinge: um das geheime und persönliche Wahlrecht. Die Frage ist, ob bei der Briefwahl und beim E-Voting das geheime und persönliche Wahlrecht tatsächlich ge­sichert ist. (Bundesrat Hösele: Wieso geht das in Deutschland? Die Deutschen betrü­gen offensichtlich!)

Ich sage nicht, dass die Deutschen betrügen, ich problematisiere hier nur zwei Dinge, nämlich dass das persönliche und geheime Wahlrecht nicht unbedingt gesichert ist. Wenn wir hier Vorkehrungen dazu treffen, bin ich ein glühender Verfechter all dessen, was Wählen leichter macht und mehr Menschen in politische Wahlentscheidungen ein­bindet. Da gehört das Wahlalter 16 genauso dazu, wenn wir hier ein passendes Modell finden. Das, was wir bisher hatten, befriedigt mich nicht.

Bei der Wahl des Jahres 2002 sind mehr als 80 000 junge Menschen nicht nur um ein Jahr vertröstet worden, sondern bis zu ihrem 21. Lebensjahr vom Wahlrecht ausge­schlossen worden, da wir in Österreich ja nicht das Recall-System haben. Hätten wir das Recall-System, wäre die Bundesregierung wahrscheinlich von der Bevölkerung „zurückgerufen“ worden (Heiterkeit bei Bundesräten der SPÖ) und wir hätten Neuwah­len. Aber wir haben dieses Recall-System in Österreich nicht, also müssen wir von einer ganzen Legislaturperiode ausgehen. Diese Menschen dürfen erst mit 21, respek­tive 22 Jahren erstmals wählen. Da sind sie vielleicht verheiratet, möglicherweise schon hoch verschuldet oder hoch in den positiven Zahlen, haben schon an den Aktienmärkten spekuliert und so weiter. Und dann sind sie zum ersten Mal wahlbe­rechtigt. Das ist doch eine Perversion!

Und das ändern wir hier. Ich kann nur sagen: Bitte kommen Sie aus diesen Mauern, aus diesen Gräben, dass das Wahlalter 16 das Böse, das Üble schlechthin ist, endlich einmal heraus! Geben wir doch den jungen Menschen jenen Platz in der Gesellschaft, den sie sich verdienen, nämlich als mitbestimmungsfähige, gleichwertige Bürger! (Bei­fall bei den Grünen und der SPÖ.)

12.04

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Giefing. Ich erteile ihm das Wort.

 


12.04

Bundesrat Johann Giefing (SPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Ich nehme heute gerne zu diesem Thema Stellung, weil ich seit 30 Jahren in der Gemeindeverwaltung arbeiten darf. Ich habe vor 30 Jahren in meiner Heimatgemeinde bei jeder Wahl das Wählerverzeichnis erstellt, damals mit der Schreibmaschine geschrieben, und mit den Haushaltslisten verglichen. Es gab zu diesem Zeitpunkt noch keine EDV, wie wir sie heute vorfinden. Daher freut es mich, dass nun endlich eine längst fällige und notwendige Regelung, nämlich eine Berichti­gung der Wahlordnung, dazu führt, dass dieser zur damaligen Zeit durchaus verständ­liche Stichtag mit 1. Jänner eines Jahres nun abgeschafft wird.

Dieses Thema ist von allen Parteien schon lange diskutiert worden. Es ist mit den heutigen Möglichkeiten der EDV nicht mehr einsichtig, dass Personen, die, wenn die Wahlen zum Beispiel im November stattfinden, schon elf Monate lang 18 Jahre alt


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