Bundesrat Stenographisches Protokoll 702. Sitzung / Seite 19

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Wir haben diese Schalmeientöne nie hören wollen, denn wir stehen auf dem Stand­punkt: Das ist ein gesamtösterreichisches Thema, das etwa Niederösterreich, Wien oder Burgenland auf Grund der Erweiterung genauso betrifft wie Oberösterreich, Salz­burg, Tirol, Vorarlberg, Steiermark oder Kärnten, also alle Nord-Süd-Haupttransversal-Länder! Daher war es uns wichtig, diesbezüglich ganz Österreich im Auge zu behalten.

Was hat sich abgespielt? – Wir haben im Jahr 2001 massiven Druck gemacht, und zwar ich beim damaligen Europäischen Rat in Laeken, dass die Kommission einen Vorschlag für die neue Wegekostenrichtlinie und auch dem Rat einen Vorschlag vor­legen soll, wie eine Nachfolgeregelung für Österreich aussehen könnte. Das hat die Kommission gemacht. Sie hat Wort gehalten und wenige Tage nach dem Euro­pä­ischen Rat in Laeken einen sehr vernünftigen Vorschlag unterbreitet, mit dem wir gut hätten leben können.

Dann ist ein Jahr lang nichts geschehen. Die Verkehrsminister haben trotz der Bemü­hungen der Vorgänger von Hubert Gorbach blockiert. Sie haben einfach darauf ge­setzt, dass irgendwann einmal die Zeit schon knapp werden und das Thema sich durch Zeitablauf lösen würde.

Daraufhin habe ich in Kopenhagen mit ziemlich heftigen Methoden einen weiteren Druckversuch unternommen, damit der Rat bis Jahresende einen Vorschlag unter­breitet und den Vorschlag der Kommission annehmen möge und die Kommission im Früh­jahr 2003 eine neue Wegekostenrichtlinie vorlegt. Die Kommission hat ihr Wort gehalten und tatsächlich im Frühjahr dieses Jahres erstmals einen Entwurf für eine sol­che Wegekostenrichtlinie vorgelegt. Der Rat hat sein Wort nicht gehalten, und zwar bis zu dem berühmten Silvester-Kompromiss – dieser war keiner, weil nicht genügend Mi­nister dort waren, daher war das ganze Gremium nicht beschlussfähig, was eine ziem­liche Blamage, so würde ich einmal sagen, für die Disziplin innerhalb der Europäischen Union war.

Gott sei Dank aber – da war schon Hubert Gorbach am Wort – ist dann im März ein Ratsbeschluss zustande gekommen, und zwar in etwa auf Basis dessen, was wir in Kopenhagen vorbereitet haben und was beim Silvester-Kompromiss vorgelegt wurde. So weit ist es auch gut gelaufen. Aber dann kam – das verstehe ich bis heute nicht – das Europäische Parlament und hat entgegen der Linie der Kommission, entgegen der Linie des Rates eine völlig andere Haltung eingenommen.

Ich will hier auch dazu sagen, dass mich das deswegen sehr enttäuscht hat, weil Österreich immer zu jenen Ländern gehört hat, die das Europäische Parlament in jeder Phase unterstützt haben. Wir hätten angenommen, dass gerade die direkt gewählten europäischen Volksvertreter mehr als vielleicht andere Institutionen näher an den Sorgen und Nöten der Bürger sind, wenn es um Gesundheitsschutz oder um Lebens­fragen eines Landes oder von bestimmten Regionen geht.

Der Caveri-Bericht im Juni im Parlament hat eigentlich das gesamte Gebäude der mühsam aufgebauten Verhandlungen zum Einsturz gebracht. Der Rat hat dann im COREPER  eine Verhandlungs- beziehungsweise Vermittlungsposition eingenommen, die für uns – ich sage das hier ganz offen – nicht annehmbar ist.

Wir haben gestern ein Gipfelgespräch mit den Bundesländern, auch mit der Op­position, mit allen vier Parteiführern gehabt, und dabei ist eine ganz klare einheitliche Linie herausgekommen. Wir werden einen solchen Kompromiss, der nach mensch­lichem Ermessen ungefähr zwischen der jetzigen COREPER-Position und dem Vor­schlag des Europäischen Parlaments liegt, nicht annehmen, weil das ein fauler Kom­promiss ist, und den werden wir nicht eingehen. (Beifall bei der ÖVP und den Frei­heitlichen sowie des Bundesrates Konecny.)

 


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