Bundesrat Stenographisches Protokoll 702. Sitzung / Seite 29

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ten, an die natürlich vor zwanzig Jahren und vor fünfzehn Jahren primär gedacht wur­de, erreicht und übertroffen hat, unter anderem auch deshalb, weil hier erst sehr lang­sam Verkehrsstrukturen, auch im Straßenverkehr, aufgebaut wurden, die diese Tran­sitlawine wenigstens von den Ortszentren weggebracht hat, was sie nicht besser ge­macht hat. Aber solange man – wenngleich nicht mit dem LKW – durch mittelalterliche Stadttore von Wien nach Bratislava fährt, so lange ist Transit in diesem Bereich ein doppeltes Problem, weil es einerseits die schiere Quantität ist, die zum Problem wird, und andererseits das Wegdrängen von den dicht besiedelten Ortszentren noch längst nicht vollendet ist.

In diesem Fall ist es überhaupt keine Frage, dass wir unsere nationalen Interessen, die Interessen unserer Bevölkerung zum Ausdruck bringen müssen und dass wir das eini­germaßen erfolgversprechend nur gemeinsam tun können.

So weit das Element, wo ich dem Herrn Vizekanzler vollinhaltlich Recht geben kann, mit Ausnahme seines selbstbewussten Schlenkers, und wo ich dazu aufrufe, dass wir hier wirklich alle unsere Möglichkeiten, die wir sonst haben, außerhalb des Beschlie­ßens von Resolutionen, nützen. Wir vertreten einen Standpunkt, und Standpunkte sind Menschen, Strukturen und Organisationen zu vermitteln. Im Europaparlament ist uns das nicht gelungen, auf Regierungsebene ist es nicht gelungen, aber es gibt natürlich Ansprechpartner in all unseren Partnerstaaten, wo wir für diesen Standpunkt um Sym­pathie werben können, und das ist etwas, was auch Einzelne, Parteien und Gruppen tun können und tun sollten.

Meine Damen und Herren! Davon abgesehen – und ich habe das sehr bewusst außer Streit gestellt – ist es eine eigenartige Regierungserklärung aus Anlass einer Regie­rungsumbildung. Da desertiert das österreichische Erziehungssystem in die Pension – was ich nicht kritisiere, denn ich kann die Überlegung, die dahinter steht, sehr gut ver­stehen: bei gutem Wind unter noch halbwegs erträglichen Pensionsbedingungen abzu­hauen, bevor denen in der Regierung noch etwas einfällt, was mich überhaupt dazu verurteilt, bis 70 zu arbeiten.

Gibt Ihnen das nicht zu denken, dass ein im Allgemeinen als besonders loyal und peni­bel beschriebener Berufsstand einfach Fersengeld gibt, weil er sich vor seiner Dienst­herrschaft fürchtet, so sehr fürchtet, dass er namhafte Pensionsabschläge in Kauf nimmt, bevor er sein künftiges Lebensschicksal diesen Händen anvertraut? Sollte Sie das nicht nachdenklich stimmen? (Beifall bei der SPÖ.)

Das ist überhaupt das zentrale Motiv der Reaktion der Bevölkerung, das diese Regie­rung auslöst. Es ist in diesem Land eines sicher: dass man sich auf nichts, ob es Altbe­stand ist, ob es von dieser Regierung im Wahlkampf versprochen wurde, aber buch­stäblich auf nichts verlassen kann. Und wenn Sie glauben, dass das gesund für ein demokratisches Gemeinwesen und für eine Gesellschaft ist, dass das zentrale Motiv einer großen Mehrheit der Bevölkerung das Misstrauen gegenüber den Regierenden ist, dann täuschen Sie sich! Das ist genau jene gesellschaftspolitische Situation, in der es letztlich auch zu Fehlreaktionen kommt, weil jeder eben schauen will, wie er selbst davonkommt.

Mit Recht wird kritisiert, dass Lehrern und öffentlich Bediensteten – wenn auch nicht gerade zu einem Okkasionspreis – die Möglichkeit geboten wird, mit 55 und, wie sich herausstellt, auch schon mit 50 in Pension zu gehen, während gleichzeitig für die große Bevölkerungsmehrheit das Pensionsalter deutlich, unwiderruflich und ohne Aus­weichmöglichkeit angehoben wird. Dieses letztlich auch Gegeneinander-Ausspielen von Bevölkerungsgruppen – gibt Ihnen das nicht zu denken? Macht Sie das nicht nach­denklich über die Auswirkungen Ihrer Politik?

 


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