Bundesrat Stenographisches Protokoll 702. Sitzung / Seite 31

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Zehntausende Menschen ihr Leben verknüpft haben, das sehr erfolgreich unterwegs ist und das natürlich wie jede Großorganisation permanenten Reformbedarf hat.

Die Frage, ob Ihr so genannter Reformansatz irgendetwas anderes ist als ein risiko­freudiges Spiel – aber das Risiko tragen nicht Sie, das tragen die Eisenbahner und das tragen die Österreicher –, wird sich leider erst im Nachhinein beantworten lassen. (Zwi­schenbemerkung von Staatssekretär Dr. Finz.) Ob Sie persönlich es waren, weiß ich nicht, aber die Regierung hat ihre Zusammensetzspiele mit Bausteinen des derzeit ein­heitlichen Unternehmens im letzten halben Jahr dreimal geändert; inzwischen wieder einmal, hört man.

Es geht in Wirklichkeit darum, Strukturen zu zerschlagen. Es geht darum, einen Gene­raldirektor, den man selbst geholt hat, zu entmachten. Es geht darum, viele neue nette Jobs zu schaffen – wer immer sie besetzen wird, das will ich Ihnen gar nicht unter­stellen. Und es geht vor allem auch darum, den Beschäftigten dieses Unternehmens die Lasten der Reform aufzubürden, und zwar ziemlich einseitig.

Der Karikaturist des „Kurier“ hat in der Ausgabe von vorgestern Ihnen, Herr Vize­kanz­ler, und Herrn Staatssekretär Kukacka eine leider verbal nicht darstellbare, aber wun­derschöne Karikatur geliefert, wo Sie beide als kindliche Indianer abgebildet sind und die Mutter durch die geöffnete Tür hereinruft: „Kinder – was macht’s ihr da schon wie­der??“ Darauf antworten die beiden im Chor: „Nix! – Wir spieln ,Eisenbahn‘!“ Am Bo­den verstreut und vom Tomahawk zerstückelt liegen die Schienen, die Waggons und die Lokomotiven.

Ich werde mir gestatten, den Kolleginnen und Kollegen, die offensichtlich nicht zu den regelmäßigen Lesern des „Kurier“ gehören, eine Kopie zu übermitteln. Der Herr Staats­sekretär und der Herr Vizekanzler werden sie kennen, aber ... (Bundesrat Dr. Kühnel: Vielleicht von Ihnen coloriert! – Heiterkeit bei der ÖVP. – Ruf bei der ÖVP: Schön rot!) Also wenn das ein Zusammenarbeitsangebot ist, lässt sich das durchaus machen. Ich habe nur die Farbstellung überprüft.

Meine Damen und Herren! Das ist eine Reform, von der Gefahr ausgeht: Gefahr für ein ganz zentrales Element der Infrastruktur unserer Republik, Gefahr – wir haben das The­ma hier oft diskutiert – für die Anbindung peripherer Räume unserer Republik an die Zentralräume, denn natürlich wird hier wieder einmal mit Bahnverbindungen, Ne­benbahnen, Personenverkehr gespielt, und zwar gedanklich und wirklich, und vor allem eben Gefahr für die internationale Konkurrenzfähigkeit des Wirtschaftsstandortes Öster­reich. Die Leistungsfähigkeit des Verkehrsnetzes – dazu gehört natürlich die Eisen­bahn – ist, wie Sie bestens wissen, ein entscheidendes Argument im Konkurrenz­kampf der Standorte. Und wenn wir uns – ich habe das einleitend gesagt – dagegen ver­wahren, dass die Mehrheit des Verkehrs auf der Straße transportiert wird, dann müssen wir die Schieneninfrastruktur entsprechend stärken.

Wir wissen – wenn man es wissen will –, dass die ÖBB in den letzten Jahren gerade bei der Wiedergewinnung von Frachtaufträgen und Anteilen im Frachtverkehr nicht sen­sationell, aber doch beachtlich erfolgreich waren und, wenn man ihnen dazu die organisatorischen und strukturierten Möglichkeiten gibt, auch eine Erfolgslaufbahn fortsetzen können.

Das zentrale Element Ihrer Regierungspolitik – und, Herr Vizekanzler, Sie sind offen­sichtlich nicht derjenige, der hier für einen Kurswechsel steht – ist es, dass es zwi­schen den politisch Handelnden und denjenigen, die es trifft, denjenigen, die jene zu vertreten haben, die es trifft, denjenigen, die berechtigte Interessen in dem jeweiligen Problemfeld zu vertreten haben, keine Dialogbereitschaft gibt. (Vizepräsidentin Hasel­bach übernimmt den Vorsitz.)

 


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