Bundesrat Stenographisches Protokoll 702. Sitzung / Seite 52

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war es leider aus Zeitgründen nicht möglich, all diese Punkte anzuschneiden. Ich möchte aber jetzt auf den einen oder anderen Punkt eingehen, der mir besonders bemerkenswert zu sein scheint, und da ist eben einer davon die Volksabstimmung.

Wenn es zu einer EU-Verfassung kommt – sicher ist das ja noch nicht; Bemühungen dazu sind aber jedenfalls vorhanden –, dann muss, wie ich meine, das österreichische Staatsvolk über diese auch die Gesamtverfassung der Republik stark beeinträch­tigende – um nicht zu sagen: total ändernde – Verfassung mit entscheiden können, und es hat daher darüber eine Volksabstimmung stattzufinden.

Ich bitte dich, Herr Vizekanzler Gorbach, im Rahmen der Koalitionsverhandlungen die­sen Punkt mit einzubeziehen und dem Nachdruck zu verleihen.

Österreich ist ein Staat, der souverän war – und nur noch Grenzen an Souveränität hat, eben auf Grund seines Beitritts zur EU. Österreich ist eine Demokratie, aber je mehr wir uns Brüssel verwaltungsmäßig unterordnen, desto weniger werden wir in der Lage sein, demokratisch über uns und unsere Belange zu befinden.

Den Föderalismus wollen wir ja auch beibehalten – und ich bin froh darüber, dass du, Herr Vizekanzler Gorbach, das betont hast.

Österreich ist neutral, ja, aber: Wieweit sind wir noch neutral? Sollen wir es weiterhin sein? Wenn man in einer Zeitung jetzt liest, dass in der Reformkommission des Bun­desheeres auch internationale Herausforderungen für das Bundesheer angespro­chen werden, dann sträubt sich bei mir der letzte Rest an vorhandenem Neutralitäts­bewusstsein. Ich meine, es ist nicht gut, wenn wir uns zu sehr – vielleicht bis nach Ka­bul, in den Sudan oder was weiß ich wohin – bewegen. Im Übrigen: Ich wüsste auch nicht, womit wir uns bewegen sollen, aber vielleicht ist das die Absicht in Bezug auf unsere künftigen Abfangjäger, die dann eigentlich nicht mehr Abfang-, sondern Kabul- oder Kongo-Jäger wären. (Heiterkeit.) – Jedenfalls: Das hielte ich für nicht sehr gut.

Österreich zahlt immerhin sehr viele Milliarden an Brüssel, und diese Zahlungen an Brüssel tragen ja ein bisschen – ich betone, dass ich jetzt sehr zurückhaltend zu argu­mentieren versuche – dazu bei, weitere politische Rechte, weitere souveräne Staats­rechte zu verlieren. Ich bitte die von mir unterstützte Bundesregierung, die Rechte der Republik Österreich in Brüssel so zu vertreten, dass es zu keiner weiteren Erosion un­serer Rechte kommt. Ich gehe davon aus, da gibt es unterschiedliche Auffassungen, und zwar sowohl in der Regierung als auch in den einzelnen Staaten, wie man ein ver­einigtes Europa aufbaut.

Meine Damen und Herren! Ich betrachte mich als guten Europäer, aber vielleicht als schlechten EU-Europäer, aber es muss auch legitim sein, hier zu sagen, dass man kritisch der EU gegenübersteht, weil man eben ein guter Europäer sein möchte. (Ruf bei der ÖVP: Sehr dialektisch!)

Es gibt doch einige – sagen wir es so – nachdenklich stimmende Bemerkungen in einem internationalen Papier – ich weiß nicht einmal, ob das den meisten geläufig ist –, in dem die Privatisierung großer staatlicher Einrichtungen gefordert wird, und zwar im Rahmen der Verhandlungen zwischen WTO und EU. Dabei geht es um die Wasser­versorgung, um das Kanalsystem, um die Energieversorgung, um die Gesundheits­dienste, um die Bereiche Umweltschutz, Bildung und Unterricht, Justiz, Gefangenen­häu­ser, Verwaltung von Arbeit und Wirtschaft und Finanzdienstleistungen.

Wenn man diese Punkte, die ich soeben hier genannt habe, als Programm der Pri­vatisierung auch für Österreich heranzieht, ja auf Grund internationaler Verträge fast heranziehen muss, dann wird mir eigentlich ein bisschen angst und bange über das, was von der Republik Österreich überhaupt noch übrig bleiben wird, denn dann sind wir eben privatisiert – und dann brauchen wir vielleicht viele Einrichtungen, unter ande-


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