Bundesrat Stenographisches Protokoll 702. Sitzung / Seite 123

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Begriff Reform, der von Schwarz und Blau verwendet wird. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Letztendlich geht es beim Asylgesetz wie auch beim Bundesbetreuungsgesetz um zwei Ebenen, auf die ich gleich zu sprechen kommen werde. Sie sind der Grund, wa­rum das Gesetz abzulehnen ist und warum wir es in dieser Form auf keinen Fall mit­tragen werden.

Das Eine ist, dass bei Ablehnung in der ersten Instanz Asylwerber bereits während der Berufungsfrist abgeschoben werden können. Das widerspricht jeglicher Rechtsstaat­lich­keit. (Bundesrat Mag. Himmer: Sie wissen, dass das falsch ist!)

Das Neuerungsverbot ist klar, das stimmt so in dieser Form. Flüchtlinge, die aus siche­ren Drittstaaten kommen, haben keinen Asylanspruch. (Neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Mag. Himmer.) Herr Himmer, ich kenne Ihren Reformbegriff, lassen Sie das!

Es können keine Asylanträge an den Grenzen gestellt werden. – Das ist eine Menge an Punkten. Außerdem ist es beim Bundesbetreuungsgesetz so, dass nach wie vor kein Rechtsanspruch verankert ist – das kritisieren wir – und im Nachhinein eine Ent­eig­nung von Mitteln der NGOs betrieben wird.

Es gibt eine Menge Vertreterinnen und Vertreter von Unternehmungen hier – das ist gut so –, und da würde ich schon gerne wissen, wie Sie es sehen würden, wenn im Nachhinein Wirtschaftsförderungsinstrumente geändert und Sie vor völlig neuen Situ­ationen stehen würden. – Das kann doch nicht sein!

Letztendlich sprechen diese beiden Bereiche einerseits gegen die Rechtsstaatlichkeit in diesem Land – es ist ein Verstoß dagegen –, und andererseits ist es eine Verhöh­nung von Werten wie Gerechtigkeit und Menschlichkeit, also von Grundpfeilern in einer humanistischen Gesellschaft. Genau das sind im Wesentlichen unsere Kritikpunkte!

Hinsichtlich des Verstoßes gegen die Rechtsstaatlichkeit gibt es zahlreiche Unterstüt­zungen aus den NGOs, vom UN-Flüchtlingshochkommissariat und so weiter. Es ist klar, dass dieses Gesetz der Europäischen Menschenrechtskonvention und der Genfer Flüchtlingskonvention widerspricht. Die Kritik prallt und perlt aber an dieser Regierung ab. Man kümmert sich nicht und arbeitet weiter. (Bundesrat Mag. Himmer: Sind Sie Bun­desrätin oder Verfassungsrechtlerin?)

Herr Innenminister Strasser! Sie sind am 23. Oktober bei Frau Thurnher in der „ZiB 2“ gewesen und auf das Asylgesetz angesprochen worden. Sie haben darauf verwiesen, dass es in Großbritannien unter Tony Blair ein noch viel schärferes Asylgesetz gebe. Es stellt sich schon die Frage, ob man ein Land wie Großbritannien als Vorbild für Öster­reich nehmen soll, weil letztendlich der Herr Vizekanzler ... (Zwischenbemerkung von Bundesminister Dr. Strasser.) Sie haben gemeint, Großbritannien mache eine Ver­schärfung, daher machen wir in Österreich das auch. So war das in der „ZiB 2“ zu verstehen.

Herr Gorbach ist heute für die Deregulierung eingetreten. Die Deregulierung wurde in Großbritannien ja „bravourös“ vollzogen, sie hat nichts anderes gebracht als ein desolates Sozialsystem, ein kaputt gespartes Gesundheitssystem. Die Spuren der Deregulierung haben auch im öffentlichen Verkehrsnetz negative Folgen hinterlassen.

In den Medien ist immer wieder die Rede von Wirtschaftsflüchtlingen. Es wird die Fra­ge gestellt: Was haben Wirtschaftsflüchtlinge hier verloren? Es heißt auch, die Ver­fahren sollten beschleunigt werden. – Ich weiß nicht, wer von Ihnen schon in Ländern wie Kolumbien, Honduras, El Salvador war. Wenn Sie dort waren, dann schätzen Sie den Wert der inneren Sicherheit, dann wissen Sie, wie unsicher es in einsameren Ge-


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