Bundesrat Stenographisches Protokoll 702. Sitzung / Seite 128

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17.10

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Sehr geehrter Herr Präsident! Ho­hes Präsidium! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf zuerst zu den Fakten kommen.

Erstens: Vor fünf Jahren hatten wir in Österreich knapp 14 000 Asylwerber, letztes Jahr haben fast 40 000 Menschen Asyl beantragt. Damit hat Österreich im EU-Vergleich den stärksten Zustrom. Ein Vergleich mit unserem zehnmal größeren Nachbarn, der Bun­desrepublik Deutschland: Wir haben 40 000 Asylwerber, Deutschland hat 70 000 Asylwerber.

Zweitens: Über 80 Prozent der Asylwerber, die zu uns kommen, kommen ausschließ­lich aus wirtschaftlichen Gründen. Das ist keine Zahl, die wir erfunden haben, sondern das bestätigen unsere unabhängige Asylbehörde und auch der Hochkommissar des UNHCR Ruud Lubbers.

Drittens: Es hat leider sehr oft, insbesondere in der zweiten Instanz, Jahre gedauert und dauert Jahre, bis Verfahren abgeschlossen sind. Wir haben derzeit in der zweiten Instanz, das ist eine quasirichterliche Instanz, die völlig weisungsfrei und ohne jeden Einfluss durch das Ministerium, durch den Minister agiert, 11 000 unerledigte Akten liegen – 11 000 unerledigte Akten, hinter denen sich Menschenschicksale verbergen, hinter denen sich oft jahrelange Wartezeiten verbergen! Deshalb ist es notwendig, das österreichische Asylgesetz der geänderten Realität anzupassen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ziel ist daher: schnellere und einfachere Verfahren und schnellst möglich Asyl für jene, die wirklich den Schutz des Asylrechtes brauchen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Daher gilt selbstverständlich: Jeder, der jetzt in Österreich Asyl bekommt, wird es auch unter dem neuen Asylsystem bekommen, nur wesentlich schneller als bisher. Öster­reich ist und bleibt ein offenes Haus für Menschen, die Asyl suchen, aber wir wollen kein offenes Scheunentor für schäbige Geschäfte der Schleppermafia sein, und es soll auch kein Hintertürl geben für jene, die „Asyl“ sagen und etwas ganz anderes meinen, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich darf Ihnen ein Beispiel aus der letzten Woche dafür bringen, was ich damit meine. In der letzten Woche sind 61 rumänische Staatsangehörige plötzlich in Traiskirchen auf­getaucht und haben am 30. Oktober direkt vor der Betreuungsstelle um Asyl angesucht.

Als wir die Ersteinvernahme durchgeführt haben, hat sich herausgestellt, dass es sich bei all diesen rumänischen Staatsangehörigen um Personen handelt, die bereits lange Zeit in Österreich – auch mit Arbeitsbewilligungen – waren, deren Arbeitsbewilligung aber abgelaufen ist. Und damit sie nicht aus Österreich weg müssen, haben sie das Men­schenrecht auf Asyl benützt, um ihren Aufenthalt zu verlängern. Aber das ist nicht die Intention des Asylrechts. Das ist nicht bezweckt mit diesem Menschenrecht. Damit wird Menschen, die Asyl suchen, das Recht genommen von jenen, die einfach nur dableiben wollen, weil sie – vielleicht zu Recht – ein besseres Leben haben wollen. Aber das kann nicht der Zweck eines Asylrechtes sein, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Im Übrigen ist es nach dem bestehenden Recht so: Die 61 rumänischen Staatsbürger haben um Asyl angesucht – der Asylantrag ist selbstverständlich zu behandeln. Das ist ja das Problem: dass wir eine wesentlich raschere Vorgangsweise brauchen.

Wenn ein deutscher Staatsbürger aus Freilassing nach Österreich kommt, nach Salz­burg in die Gemeinde des Herrn Bürgermeisters Bieringer, und dort um Asyl ansucht, dann haben wir diesen Asylantrag zu behandeln. Und nach dem Urteil des Obersten


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