Bundesrat Stenographisches Protokoll 703. Sitzung / Seite 40

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10.36

Bundesrat Reinhard Todt (SPÖ, Wien): Sehr verehrte Frau Bundesministerin! Sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Im Fachhochschul-Studienge­setz finden sich einige Verbesserungen, aber auch Änderungen, die von uns abgelehnt werden. Wir meinen, dass der Bedarf an Studienplätzen an Fachhochschulen viel größer ist, als Sie in den nächsten Jahren zulassen wollen.

Wir verlangen einen Ausbau um 10 000 Studienplätze bis zum Jahre 2008. Unser Land braucht mehr Akademikerinnen und Akademiker. Und die Fachhochschulen könnten mehr dazu beitragen, als dies in Ihren Plänen vorgesehen ist.

Es macht Sinn, mehr Frauen und Männer an die Fachhochschulen zu holen, als die Wirtschaft heute braucht. Wer eine gute akademische Bildung hat, findet neue Be­schäftigung auch in anderen Berufsfeldern, zum Beispiel Absolventinnen und Absol­venten von Tourismus-Studien, die mit ihren an den Fachhochschulen erworbenen Kenntnissen der Betriebswirtschaftslehre in anderen Berufen außerhalb des Tourismus akademisch Fuß fassen konnten.

Bei den Fachhochschulen nur eine regionale Bedarfsdeckung zuzulassen, macht an sich keinen Sinn, es macht aber durchaus Sinn, an einer guten Fachhochschule zum Beispiel in Oberösterreich eine Ausbildung anzubieten, die etwa auch in der Steier­mark, in Wien oder in Niederösterreich nachgefragt wird.

Es gibt zu wenig Förderung des Zugangs ohne Matura. Nach der Gründung der ersten Fachhochschulen gab es durchaus ermutigende Zahlen: 11 Prozent der ersten Studen­tinnen und Studenten kamen mit dem Lehrabschluss oder mit der Meisterprüfung an die Fachhochschulen. Seither geht dieser Prozentsatz kontinuierlich zurück. Derzeit sind es 7 Prozent, das ist ein Rückgang um 4 Prozentpunkte, die Anzahl wurde also fast halbiert. Wir vermissen entsprechende Gegenmaßnahmen von Seiten des Ministe­riums.

Die Fachhochschulen haben zurzeit 10 Prozent der Studierenden an den Universitä­ten. Es ist hoch an der Zeit, ein Konzept vorzulegen, das die Universitäten, die Fach­hochschulen, die Akademien an jenen Platz im Bildungssystem stellt, wo sie ihrer Auf­gabe am besten gerecht werden können. Es ist hoch an der Zeit, der unnützen Kon­kurrenz zwischen den Universitäten und den Fachhochschulen ein Ende zu bereiten.

Sie schreiben in diesem Gesetz den Fachhochschulen auch erstmals Studiengebühren vor. Studiengebühren sind nach wie vor unsozial. Weiters wird es mit diesem Gesetz eine nur mangelhafte Mitbestimmung der Studierenden geben.

Unsere Gründe für die Ablehnung dieses Gesetzes sind: Sie schaffen damit zu wenige Studienplätze; die regionale Bedarfsdeckung wird nicht aufgehoben; es gibt keine För­derung von Studentinnen und Studenten mit Berufsausbildung – also ohne Matura –, kein Konzept für ein Bildungssystem, mit dem die Fachhochschulen an jenen Platz gestellt werden, wo sie ihrer Aufgabe am besten gerecht werden; es gibt nur mangel­hafte Mitbestimmungsmöglichkeiten der Studierenden und nicht zuletzt die unsozial gebliebenen Studiengebühren.

Wir lehnen dieses Gesetz ab, wir wollen aber eine möglichst große Förderung der Fachhochschulen. Dazu gab es im Nationalrat seitens der sozialdemokratischen Frak­tion einen Entschließungsantrag, der im Wesentlichen unsere Punkte für das Fach­hochschul-Studiengesetz beinhaltet.

Wir wollen ein Offensivprogramm für Fachhochschulen, eine umfassende Reform des Fachhochschulsektors. Die Praxis der Berufsbedarfsprüfungen soll von einer derzeit stark regional beschränkten Ausrichtung auf österreichweit umgestellt werden. Wir wollen: freie, gleiche und demokratische Wahl von Studierenden, Einbindung der Stu-


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