Bundesrat Stenographisches Protokoll 703. Sitzung / Seite 59

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Herr Minister! Sie versuchen den Eindruck zu erwecken, dass die meisten Mieter, die ihr Recht suchen, Querulanten sind. Ich kann Ihnen sagen, dass wir aus Erfahrung in Wien, aber nicht nur in Wien, sondern auch in vielen anderen größeren Städten wissen, dass es immer wieder Vermieter gibt, die ihre Mieter drangsalieren, die ver­suchen, ihre Mieter aus der Wohnung rauszuekeln oder sie zumindest zu übervor­teilen.

Gerade bei der Frage der Festsetzung des Mietzinses oder bei Abrechnungen kann der Mieter nicht immer hundertprozentig Recht erhalten, und zwar aus ganz einfachen Gründen. Die Regelung über die Mietzinshöhe ist überaus kompliziert. Wir wollten da­mals, als die große Novelle gemacht worden ist, klare Mietzinsobergrenzen. Wir haben dafür allerdings keine Mehrheit gefunden. Die Mehrheit der Abgeordneten hat sich dagegen entschieden, und das Ergebnis war ein Kompromiss, der zweifellos kein sehr guter gewesen ist.

Die geltende Regelung ist also überaus kompliziert, und der Mieter ist kein Sachver­ständiger. Selbst bei Sachverständigen ist es so, dass, wenn Sie drei Sachverständige haben, drei verschiedene Beurteilungen zustande kommen, weil eben unterschiedlich gewichtet wird, weil so viele Punkte zu beachten sind, weil so viele verschiedene Ge­sichtspunkte in die Mietzinsregelung einbezogen werden. Daher wird es so sein, dass, wenn jetzt ein Mieter verlangt, dass der Mietzins auf einen bestimmten Betrag herabgesetzt wird, das Ergebnis wahrscheinlich nicht genau dieser Betrag sein wird.

Ein ähnliches Problem gibt es bei den Mietzinsberechnungen beziehungsweise bei den Abrechnungen. Das Gericht hat andere Möglichkeiten, den wahren Sachverhalt her­auszufinden, als ein Mieter, der dann oft überfordert sein wird. Daher führt die neue Regelung zu einem solchen Risiko, dass es sich viele Mieter aus finanziellen Gründen nicht werden leisten können, den Gang zum Gericht zu machen. Der Vermieter ist heute oft ein großer Unternehmer, leider oft auch ein Spekulant, der sich das leisten kann. Das Bild des Vermieters, das Sie sehen, den Hausherrn, der im selben Haus wohnt und ein mehr oder weniger vernünftiges Verhältnis zu seinen Mietern hat, ist eine Idealvorstellung, die es vielleicht in dem einen oder anderen Fall gibt. Das möchte ich nicht bestreiten. Aber es gibt gerade, wie ich gesagt habe, in großen Städten immer wieder Spekulanten, die versuchen, die Mieter rauszuekeln. (Bundesrat Dr. Aspöck: Gemeinde Wien!) Es gibt auch gerade gegenüber ausländischen Mitbürgern den Ver­such, sie zu übervorteilen. Daher ist es einfach sehr wichtig, den Mieterschutz auf­rechtzuerhalten.

Das Außerstreitverfahren dient zur Herstellung des Rechtsfriedens in einer einfachen und flexiblen Weise. Wenn es also im Bereich des Familienrechtes keinen Kosten­ersatzanspruch geben soll, dann wird hier in einem Bereich, der für die Familien ebenfalls von zentraler Bedeutung ist, diese Regelung beschlossen. Der Grund kann wohl nur darin liegen, dass Mieter daran gehindert werden sollen, von ihren Rechten Gebrauch zu machen, dass der Mieterschutz, der den Vertretern der Hausherren und den Neoliberalen schon lange ein Dorn im Auge ist, beseitigt werden soll.

Ich weiß, dass wir hier dieses Gesetz nicht verhindern können, aber wir werden den Menschen klarmachen, wie hier mit ihren Rechten umgegangen wird. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

11.59

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Liechtenstein. – Bitte.

 


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