Bundesrat Stenographisches Protokoll 703. Sitzung / Seite 63

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auch im Beweis- und im Rechtsmittelverfahren. Und die mündliche Verhandlung ist künftig grundsätzlich öffentlich.

Der Rechtsschutz wird auch dadurch verbessert, dass jetzt ein so genannter Abände­rungsantrag bei schweren Verfahrensverstößen und auch bei Wiederaufnahmsgründen die nachträgliche Korrektur selbst bereits in Rechtskraft erwachsener Entscheidungen ermöglicht – eine Rechtsschutzlücke, die die Rechtsprechung bisher nicht im Wege der Analogie zur ZPO zu schließen bereit war.

Im Recht zum Schutz minderjähriger Personen wird erstmals sichergestellt, dass auch ihnen in den sie betreffenden Verfahren ausreichende Mitwirkungsrechte zukommen.

Sehr geglückt ist die Neufassung des Verlassenschaftsverfahrens, das bisher allzu bürokratisch überfrachtet war. Auch hiebei ist es gelungen, die internationale Eigen­ständigkeit unserer Nachlassabhandlung zwar zu bewahren, aber seine Institute sinn­voll zu entschlacken und seinen Ablauf zeitgemäß zu adaptieren. Auch die Aufgaben­stellung der Notare wurde nochmals erweitert.

Richtig erscheint insbesondere die Hereinnahme der bisher auf den Prozessweg aus­gelagerten Streitigkeiten um die Erbenstellung – die so genannte Erbrechtsklage – in das eigentliche Verlassenschaftsverfahren.

Ebenso sinnvoll ist die einheitliche Regelung des Abstammungsverfahrens – ob zur Klärung der unehelichen Vaterschaft oder zur Bestreitung der ehelichen Geburt – und seine einheitliche Verweisung in das Außerstreitverfahren. Gleiches gilt für die nun­mehr einheitliche Durchsetzung aller Ansprüche auf Gewährung des gesetzlichen Unterhalts zwischen in gerader Linie verwandten Personen, ob minderjährig oder voll­jährig.

Meines Erachtens ausgewogene Lösungen findet das Gesetz auch in der Frage der Vertretungspflicht, bei der es um den nicht allzu leichten Ausgleich divergierender Interessen von Rechtsanwälten und Notaren ging, und zur angesprochenen Frage des Kostenersatzes. Er wird erstmals in flexibler und billiger Weise eingeführt, zu Recht aber insbesondere in Unterhaltssachen minderjähriger Personen, in Pflegschafts- und in Obsorgeverfahren sowie in Adoptionssachen ausgeschlossen. – All das und noch viel mehr ist nach meiner vollen Überzeugung vorbehaltlos zu begrüßen.

Während das Zivilprozessrecht, solange die Rechtspflege funktioniert, nur Fachleute interessiert – denn welcher Bürger führt im statistischen Durchschnitt schon Pro­zesse?; ich selbst, vielleicht gerade weil es mein theoretisches Fachgebiet ist, habe in der Praxis noch keinen einzigen Prozess in eigener Sache geführt –, ist der Bürger mit dem Außerstreitverfahren vergleichsweise häufiger konfrontiert, sind doch von dieser Form gerichtlicher Rechtsfürsorge Kernbereiche des Privat- und Familienlebens er­fasst. Insofern ist ein verbessertes, modernisiertes, rechtsstaatliche Garantien wahren­des und effizientes, beschleunigtes, vereinfachtes Außerstreitverfahren geradezu die Visitenkarte der Justiz gegenüber den rechtsuchenden Bürgern.

Mit Freude wird meine Fraktion daher diesem Reformgesetz ihre Zustimmung ertei­len. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

12.15

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Dr. Aspöck. Ich erteile ihm das Wort.

 


12.15

Bundesrat Dr. Robert Aspöck (Freiheitliche, Salzburg): Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Dieser erstklassigen Vorlesung meines Vorredners ist im allgemeinen Teil wirklich nichts mehr hinzuzufügen. (Bundesrat Konecny: Aber sie hat nicht 50 Minuten


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