Bundesrat Stenographisches Protokoll 703. Sitzung / Seite 82

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13.25

Bundesrat Christoph Hagen (Freiheitliche, Vorarlberg): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Hohes Haus! Auch ich stelle hier fest, dass die Todes­strafe klar abzulehnen ist. Auch ich als christlicher Mensch, als katholischer Mensch habe mir meine Gedanken darüber gemacht. Im Koran, aber auch in anderen Welt­religionen wird das Töten anderer Menschen untersagt. Nur Radikalismus erlaubt das in gewissen anderen Religionen, was klar abzulehnen ist.

Ich möchte aber trotzdem dieses Thema auch dazu nutzen, etwas über die Bestrafung von Straftätern nachzudenken. Die Todesstrafe wurde sicher als letztes Mittel einge­führt. Wie gesagt, sie ist klar abzulehnen. Aber was geschieht mit einem Straftäter, der zum Beispiel einen Menschen vorsätzlich ermordet, grausam und bestialisch ermor­det? Wenn nach der Rechtsordnung in gewissen Ländern, auch in Österreich, Straf­täter, die in Staaten wie Amerika zum Tod verurteilt würden, nach 15 Jahren teilweise die Strafanstalt wieder verlassen dürfen und wieder auf die Bevölkerung losgelassen werden, dann ist das meiner Ansicht nach klar abzulehnen.

Es sollte einmal darüber nachgedacht werden, was eigentlich damals Sinn der Einfüh­rung der Todesstrafe war, ob damit ein gewisses Schreckgespenst erzeugt werden sollte, um die Leute von Straftaten abzuhalten. Es kann nicht sein, dass in einer Straf­anstalt ein Gewalttäter, der in Amerika oder in anderen Staaten zum Tod verurteilt würde, Fünf-Gänge-Menüs serviert bekommt. Ich will es jetzt nicht übertreiben, aber es gibt Strafanstalten, in denen fünf verschiedene Menüs gereicht werden – nicht in ge­richtlichen Strafanstalten, muss ich dazusagen –, die Inhaftierten wirklich verhätschelt werden. Da muss man sich fragen, was man so einem Straftäter, um diesen abzu­schrecken, eigentlich präsentieren kann. Ich muss ganz klar sagen, dass ich gegen den humanen Strafvollzug bin, und denke, wenn jemand etwas Furchtbares getan hat, dann soll er auch dafür büßen, und das mit allen Mitteln. Das sollte man vielleicht für die Zukunft einmal überdenken, um gewisse Maßnahmen in Gefängnissen etwas zu verschärfen. (Präsident Ager übernimmt wieder den Vorsitz.)

Ich denke, in einer zivilisierten Welt – und Europa ist eine zivilisierte Welt, Amerika sollte es auch sein – ist die Todesstrafe klar abzulehnen. In Amerika, das sich immer als Vorzeigestaat oder -gemeinschaft präsentieren will, sollte auch einmal ernsthaft darüber nachgedacht werden, die Todesstrafe abzuschaffen. Europa gibt mit dieser Empfehlung die Linie vor. Das soll auch eine Aufforderung an die ganze Welt sein, die Todesstrafe klar abzulehnen und diesbezüglich ein Umdenken zu bewirken. Man denke nur an die Justizirrtümer, die hier schon angesprochen worden sind: Man kann einen getöteten Menschen nicht mehr ins Leben zurückholen, auch wenn er unschuldig war! Das muss man diesen Staaten, die sich in anderen Bereichen immer als Vor­zeigestaaten präsentieren, einmal klar vor Augen führen.

Ich möchte auch hinweisen auf die Lager in Guantanamo, die Amerika unter men­schenunwürdigen Umständen betreibt. Ich bezeichne diese Menschen dort als lebende Tote, denn die haben keine Rechte, die haben nichts außer dem nackten Leben, und wenn es ihnen möglich wäre, würden sie, glaube ich, das in vielen Fällen wegschmei­ßen, weil sie sich sagen, unter solchen Umständen ist ein Leben unwürdig. Die wissen überhaupt nicht, was mit ihnen geschieht. Es ist nicht nur psychischer Terror, sondern körperlicher Terror. Egal, was diese Menschen getan haben, aber das geht zu weit.

In der Türkei, vielleicht ein zukünftiger EU-Beitrittsstaat, ist die Todesstrafe noch auf­recht, nur wird sie nicht vollzogen, was für mich schon ein großer Schritt ist, wenn ich an frühere Zeiten in der Türkei denke. Da hat sich die Türkei sehr stark nach vorne be­wegt, das finde ich sehr positiv und sollte man auch positiv erwähnen. Es stellt sich mir allerdings die Frage: Was ist, wenn es in der Türkei zu einem Regierungswechsel kommt und wieder eine radikalere Regierung ans Ruder kommt?

 


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