Bundesrat Stenographisches Protokoll 703. Sitzung / Seite 129

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möglich hält, Bestandteil unserer Gesamtrechtsordnung werden soll, dass wir im Sinne einer Best-Practice-Politik uns aus neun Landesgesetzen die besten Bestimmungen zusammenholen und daraus ein Gesetz machen.

Der Herr Bundeskanzler muss da irgendetwas missverstanden haben. Es ist ziemlich genau das Gegenteil geworden. Wir haben uns oder Sie haben sich, wir ja nicht, aus neun Landesgesetzen die Lücken und die Fehler geholt und haben darüber „Bundes­tierschutzgesetz“ geschrieben. Ich werde Ihnen dann noch zu der sorgfältigen Vorbe­reitung etwas sagen, Herr Staatssekretär. Sie haben – Sie nicht, entschuldigen Sie, ich sage immer „Sie“, aber Sie sitzen halt stellvertretend hier, Sie haben sich Ihr Schicksal ausgesucht, da müssen Sie sich auch im Tierschutz attackieren lassen; das ist nicht Ihre eigentliche Profession, das ist mir durchaus bewusst, ich bitte also pauschal um Entschuldigung, es wird noch ein paar Mal vorkommen.

Es ist klar, die Vorbereitungen dieses Gesetzes sind mit Experten durchgeführt wor­den, aber man hat sich redlich bemüht, all jene draußen zu halten, die die Intentionen des Volksbegehrens irgendwo zu vertreten bereit waren: die Proponenten des Tier­schutz-Volksbegehrens, die Vertreter der wichtigsten Tierschutzorganisationen, aber natürlich auch – das wäre uns am Herzen gelegen – die Vertreter des Konsumenten­schutzes und in aller Bescheidenheit auch die Oppositionsparteien, die ja schließlich dieses Tierschutz-Volksbegehren und die Forderung nach einem bundeseinheitlichen Gesetz so lebhaft vertreten haben. All die wurden aus dieser Expertenrunde draußen gehalten, und das ließ nun tatsächlich das Schlimmste befürchten, was erfolgreich noch übertroffen wurde. (Vizepräsident Weiss übernimmt den Vorsitz.)

Wir werden mit Sicherheit schon aus grundsätzlichen Erwägungen einem Gesetz, das an sich nur die Fortsetzung von Verordnungsermächtigungen ist, aus verfassungs­rechtlichen, gar nicht aus Tierschutzgründen, nicht die Zustimmung geben können. Die österreichische Rechtsordnung, die österreichische Verfassungsordnung verlangt sehr klar, dass in Bundesgesetzen determiniert wird, was die Richtung und der Inhalt von Verordnungen sein kann. Ganz leidenschaftslos und völlig vom Thema abgehoben die­sen Gesetzestext zu lesen, das heißt nur – über weite Strecken, sage ich einschrän­kend dazu –, einen juristischen Text zu lesen, der Anknüpfungspunkte für freihändig formulierbare Verordnungen bietet, was über weite Strecken offensichtlich auch sein einziger Zweck ist. Dass das gelegentlich in den absurden Widersinn hineingeht, werde ich Ihnen dann an sprachlichen Beispielen zeigen. Das ist nicht der Sinn eines Ge­setzes, das dem Verordnungserlasser, den Bundesministerien völlig freie Hand lässt, wie die Realität, die gesellschaftliche Realität des Tierschutzes ausgestaltet wird.

Herr Bundesminister! Diese Bundesregierung hat uns auch heute eine Fülle von Detail­gesetzen auf den Tisch gelegt. Ich glaube, dass es der Parlamentarismus aushält, Fortschritte auf dem Gebiete des Tierschutzes in regelmäßigen Abständen gesetzlich zu beschließen. Das Argument, dass das über Verordnung rascher ginge, ist hanebü­chen und durchsichtig. Das Parlament wird jedes Jahr im Dezember aufgefordert, alles noch schnell zu beschließen, damit es am 1. Jänner in Kraft treten kann. Manches davon ist sehr unfreundlich. Für den Tierschutz wäre der Gesetzgeber bereit, sehr gerne ein paar Überstunden einzulegen, von den Regierungs- bis zu den Oppositions­parteien. Da arbeiten wir gern so schnell, wie die Beamten Verordnungen zu schreiben in der Lage sind. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Es ist nicht akzeptabel, dass ein nicht einmal mittleres Niveau der praktischen Schutz­bestimmungen zur Anwendung kommt, und es ist nicht akzeptabel, dass Beispiel gebende Lösungen – auch von der politischen Farbe her gesagt –, die in sehr unter­schiedlichen Bundesländern erreicht wurden, nun gekappt werden. Herr Staatssekre­tär, es ist auch nicht akzeptabel, dass Sie Regelungen, die sich die Bundesländer gemeinsam in 15a-Verträgen gegeben haben und die Sie jetzt da hineinschreiben, als


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