Gerade bei der Umsetzung der notwendigen Reformziele zeigt sich aber deutlich der Unterschied in Österreich. Die skandinavischen Länder, die sehr wohl auch Reformziele erreicht haben, sind zum Beispiel einen anderen Weg gegangen. Das sind jene Länder, die mittlerweile gleichzeitig auch beim Wirtschaftswachstum in Europa führend sind – nicht zufällig, das sollte man immer wieder betonen!
Das größte Manko in diesem Bericht ist das Fehlen des gesamten Komplexes der Erwerbsarbeit. Auch eine Aufstellung der von Minister Haupt zu verantwortenden Chaos-Aktivitäten fehlt: Hauptverband, Ambulanzgebühren, Unfallrentenbesteuerung. Bei der Unfallrentenbesteuerung ist noch immer offen, wie es weitergeht. Tausende Unfallrentner wissen nicht, wie die Gesetzeslage jetzt tatsächlich aussieht und wie sie zu ihrem Geld kommen werden.
Weiters bedaure ich, dass den Verfassern zum Kapitel Gesundheitsvorsorge im Betrieb nicht mehr eingefallen ist, denn als einzige Aktivität die Errichtung einer europäischen Kontaktstelle in der oberösterreichischen Gebietskrankenkasse zu erwähnen. Gerade da wäre ein riesiges Feld an Aufgaben zu erfüllen, wenn man erreichen will, was ja die Regierung zu ihrem Programm gemacht hat, nämlich dass die Menschen länger in Beschäftigung bleiben. – Dann muss man die Gesundheitsvorsorge im Betrieb wesentlich verbessern. Dort liegt ein wesentlicher Hebel, und es genügt nicht, als einzige Aktivität die Errichtung einer Kontaktstelle anzuführen.
Positiv zu erwähnen ist, dass in diesem Bericht erstmals der Zusammenhang zwischen Armut und der Zunahme von atypischen Beschäftigtenverhältnissen erwähnt und analysiert wird, der ja unleugbar bekannt war, jetzt aber in den Auswirkungen auch wissenschaftlich nachgewiesen wird. Dies wäre auch ein Feld für sozialpolitische Gegenmaßnahmen, um die Menschen vor der Armutsfalle zu schützen.
Wenn Sie, die Mehrheitsfraktionen, heute
die Kenntnisnahme des Berichts in Verfolgung der Parteidisziplin beschließen,
dann sollten Sie den Wert dieses Berichts nicht nur im Gewicht des Papiers
sehen, sondern zur Kenntnis nehmen würde für mich heißen, die Ergebnisse, die
darin enthalten sind, die Analysen, die Grundlagen zur Kenntnis zu nehmen und
die Sozialpolitik in Österreich wieder zu beleben! – Danke für die
Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)
17.38
Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Helmut Kritzinger. Ich erteile ihm das Wort.
17.39
Bundesrat Helmut Kritzinger (ÖVP, Tirol): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Hohes Haus! Herr Kollege Gumplmaier! Berichte sind immer stümperhaft. Wir wissen es ja, und ich glaube, bei jedem Bericht kann man die Rosinen herauspicken oder, wie man sagt, die Haare aus der Suppe herauslesen. Das Wichtigste ist meiner Ansicht nach: Hilf dir selbst, dann hilft dir Gott! Das gilt für Österreich, das gilt für unsere sozialen Belange und für die Gesundheit. (Heiterkeit bei der ÖVP.)
Meine Damen und Herren! Einige Gedanken zur Gesundheit in Österreich: Ein Gutachten der OECD stellt das österreichische System als eines der effizientesten im Bereich der Gesundheit dar, nach dem finnischen. Wir sind also von allen damals untersuchten europäischen Ländern an zweiter Stelle, was die Gesundheit, was die Effizienz des Systems und die Zufriedenheit damit anbelangt.
Aber natürlich, auch dieses System ist an die Grenze der Finanzierbarkeit gestoßen. Das wissen wir. Ursachen dafür sind die Bevölkerungsentwicklung mit der hohen Lebenserwartung – alte Menschen brauchen einmal mehr medizinische Betreuung –, eine immer teurer werdende Medizin, zum Beispiel die Entwicklung der Diagnosege-
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