Bundesrat Stenographisches Protokoll 704. Sitzung / Seite 29

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Es ist mir auch wichtig, dass man die Vernetzung herstellt, dass wir nicht nur nach innen jetzt eine große Entwicklung haben, sondern dass wir auch nach außen, in der Außen- und Sicherheitspolitik handlungsfähig werden müssen. Das muss man, glaube ich, schon allen, gerade von der Sozialdemokratie, immer wieder sagen. Wenn – und ich sage das jetzt nicht polemisch, sondern mit großer Freude und Zustimmung – Ab­geordneter Gusenbauer, Klubobmann Cap, Klubobmann Konecny, wenn Peter Schie­der und viele andere jetzt sagen, dass Österreich zum Kern Europas bei allen Aufga­ben dazugehören soll, dann hat das bitte sehr natürlich auch Auswirkungen in der Außen- und Sicherheitspolitik, denn das ist ja der Kern. Wenn ich den Konvententwurf hernehme, der vorgelegt wurde (der Redner zeigt ihn): Da ist ein Kern im Bereich der außen- und sicherheitspolitischen Zusammenarbeit angedacht. Ich bin gerne bereit, hier mitzugehen. Wenn wir da einen politischen Konsens bekommen, dann tut der Europa gut und tut natürlich auch Österreich gut, aber dann darf ich nicht eine pole­mische politische Diskussion im Inland bei jedem einzelnen Schritt entfachen. Ich begrüße also diese Richtungsänderung, ich glaube, dass sie gut und notwendig ist, und wir sollten sie gemeinsam gehen, Herr Bundesrat Konecny. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

Viel wird jetzt geredet über Kerneuropa, und ich glaube, das wirkliche Kerneuropa ist ein geistiges, ist eigentlich ein werteorientiertes Kerneuropa. So ist ja auch die ursprüng­liche Gründungsgemeinschaft entstanden, nämlich aus den Trümmern des Zweiten Weltkriegs, aus dem Wissen, nie wieder Krieg ist die einzige Chance für diesen gepeinigten Kontinent. Das muss man wissen, dass es nicht um Stimm­pro­zente, um Macht oder um Geld geht, sondern der Kern Europas ist eigentlich die Frie­densidee, ist die Solidaritätsidee und ist auch die Perspektive eines erweiterten Eu­ropa, zu dem alle Zutritt haben dürfen und wo es nicht einen close job geben darf, eine versperrte Tür, wo man 25-mal anklopfen muss, bevor halt mühsam gerade ein Guck­loch aufgemacht wird.

Das heißt, diese Größe gehört auch dazu, dass nicht wir, die wir relativ kurz dabei sind, acht Jahre, diejenigen sind, die quasi beckmesserisch darüber richten: Hat jeder von den Neuen alle Herausforderungen, alle Aufgaben jetzt auf Punkt und Beistrich erfüllt? Ehrlich gesagt, wir haben es ja auch nicht gemacht. Oder die Spanier, die Portugiesen und die Griechen sind durch eine politische Entscheidung aufgenommen worden, und siehe da, oh Wunder, es hat funktioniert. Es hat sogar blendend funktioniert, viel besser, als man ursprünglich angenommen hat.

Bundesrat Böhm, Fraktionsvorsitzender der Freiheitlichen, hat mit Recht auf die offenen Probleme hingewiesen, völlig richtig, und es ist auch gut, dass das heute hier in einem guten Geist angesprochen und ausgesprochen wird. Nur: Welches dieser offenen Probleme, ob es die nukleare Sicherheit, ob es die Frage des Arbeitsmarktes, ob es die Frage der Vergangenheitsbewältigung, die Frage der Menschenrechte ist, welches dieser Probleme ist leichter lösbar, wenn die Zehn oder ein Land der Zehn heute nicht in die Europäische Union aufgenommen wird? Ich glaube, diese große Perspektive müssen wir im Auge behalten. Jedes einzelne dieser Probleme, schwierig genug, wird leichter lösbar sein, wenn unsere Nachbarländer mit uns in dieser ge­meinsamen Familie sind. Deswegen bin ich aus wirklicher Überzeugung dafür.

Und es wirkt ja auch: Der tschechische Regierungschef Vladimir Špidla wäre nie nach Göttweig gekommen und hätte nie seine für ihn große und auch für uns wichtige Rede gehalten, hätte er nicht diese Perspektive einer vertieften Freundschaft zwischen Prag und Wien, dem tschechischen und dem österreichischen Volk vor Augen gehabt. Das sollte man, glaube ich, an einem Tag wie heute betonen – nichts unter den Teppich kehren, in offener, direkter Aussprache die Fragen klären und heute einfach weit die


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