Bundesrat Stenographisches Protokoll 704. Sitzung / Seite 30

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Arme ausbreiten und die Freunde aus Nord, aus Süd, aus West in diesem neuen erweiterten Europa willkommen heißen. (Beifall bei der ÖVP.)

Der Konvent wurde erwähnt; die Regierungskonferenz ist am Samstag zu Ende ge­gangen, ich sage es nur der Ordnung halber. Also so ein demokratisches Hochamt, Herr Fraktionsvorsitzender, war der Konvent wirklich nicht. Ich sage das nur, damit man die Legenden wieder ein bisschen relativiert und auf ein Normalmaß zurückstutzt. Oder was hat der Herr Voggenhuber alles über das Präsidium und die Alleinherrschaft, die Diktatur von Giscard d’Estaing geredet? – Auf einmal ist alles anders? Das war die große demokratische Hochkultur?

Der ganze Teil 3 ist im Plenum des Konvents nie diskutiert worden, niemals! Der Teil 3, damit Sie sich das anschauen können, beginnt hier. (Der Redner nimmt den Konvents­entwurf zur Hand und macht den jeweiligen Umfang der Seiten anschaulich.) Das ist im Plenum diskutiert worden, dieser Teil ist im Plenum nie diskutiert worden! Wenn Sie mir jetzt erklären, dass wir praktisch alles „abnicken“ sollen, was dort vorbereitet wurde, dann möchte ich schon dazusagen: Das sind nicht nationale Egoismen, wirklich nicht, aber jeder dieser 25, die rund um den Tisch sitzen, hat daheim ein nationales Parlament, das ratifizieren muss. Wenn ich richtig gezählt habe, sechs haben schon jetzt erklärt, sie machen ein Referendum. Das genügt nicht, wenn Giscard d’Estaing und Voggenhuber und ein paar andere sagen, großartig, sondern du musst das zu Hause erklären, du musst die Menschen mitnehmen.

Ehrlich gesagt, da sind doch jetzt gewaltige Verbesserungen gegenüber diesem Kon­ventstext gelungen. Ich erwähne jetzt nur stichwortartig das für Österreich wichtige Thema der Daseinsvorsorge: deutlich verbessert. Die ganze Frage der Zusammen­setzung der Kommission, der rotierenden gleichberechtigten Präsidentschaft ist endlich geregelt, die Frage der Kontrolle des Europäischen Gerichtshofes über die Beschlüsse des Europäischen Rates, die Frage der Beistandsgarantien, in einer klugen Form jetzt von den Italienern vorgelegt und plötzlich, oh Wunder, in Österreich aus dem politi­schen Streit herausgenommen.

Oder: die ganze Frage der Sicherheits- und Verteidigungspolitik: nicht mehr ein close job einiger weniger Gründerstaaten, sondern offen für alle. Der Tierschutz wurde erst­mals in die europäische Verfassung aufgenommen, Grenzregionen, Berggebiete als Sonderförderung aufgenommen. – Ist das nichts?

Also bitte, seien Sie mir nicht böse, aber ein bisschen mehr Gelassenheit in diesem Ver­handlungsprozess wünsche ich uns. Der Konvent hatte 18 Monate, die Re­gierungskonferenz tagt gerade zehn Wochen. Darf ich offen sagen: Geben Sie uns einmal zumindest die gleiche Zahl von Wochen, wie der Konvent Monate zur Ver­fügung gehabt hat, und dann werden wir hoffentlich weitersehen! Ich bin da durchaus zuversichtlich: Wenn wir eine Lösung wollen, dann werden wir sie zusam­menbringen. Aber wir werden sie nicht zusammenbringen, wenn wir heute weniger über die Er­weiterung als über den Konvent reden. Und ich glaube, wir werden sie dann zusam­menbringen, wenn wir ein bisschen mehr zuhören, ein bisschen mehr aufeinan­der eingehen und versuchen, auch tragfähige Kompromissformeln zu entwickeln, das ist meine Absicht. Aber heute freue ich mich gemeinsam mit Benita Ferrero-Waldner, die das großartig ausverhandelt und viele regionale Netzwerke geknüpft hat, auf die Auf­nahme von zehn neuen Nachbarn in diese gemeinsame europäische Familie. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

10.13

 


Präsident Hans Ager: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Bundesrat Karl Bader. Ich erteile es ihm.

 


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