Bundesrat Stenographisches Protokoll 704. Sitzung / Seite 34

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prozess zu beschleunigen. Aus unserer Sicht ist es am wichtigsten, dass am Ende des Tages das Friedensprojekt Europa in die Zielgerade kommt. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen sowie bei Bundesräten der ÖVP und der Freiheitlichen.)

10.26

 


Präsident Hans Ager: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. John Gudenus. Ich erteile dieses.

 


10.26

Bundesrat Mag. John Gudenus (Freiheitliche, Wien): Herr Präsident! Frau Bundes­minister! Kollegen und Kolleginnen!  „Mein Europa liegt im Osten.“ „Ich habe ... eine Schwäche für alles, was rechts vom siebzehnten Grad östlicher Länge liegt.“ – Dies schreibt ein polnischer Schriftsteller, Andrzej Stasiuk, und ich habe zu dieser Sym­pathie nur meine hinzuzufügen – welche sich aber heute aus Gründen, die ich im Weite­ren erklären werde, nicht in einer Stimmabgabe meinerseits für eine Erweiterung ausdrücken wird.

Ich fühle mich in meiner Reserve durch Präsident Fischer bestärkt, welcher im Na­tional­rat in Bezug auf die diesbezügliche Abstimmung sagte, dass die Mehrheit im Nationalrat wahrscheinlich größer ist als die Zustimmung der Bevölkerung. Ich glaube, meine Haltung ist auch eine durchaus berechtigte Berücksichtigung der Notwendigkeit, dass wir auch Anliegen der Bevölkerung aufgreifen.

Die polnische Botschafterin, Frau Professor Lipowicz, meinte, nachdem die Abstim­mung im Konvent mit dem polnischen und dem spanischen Nein erfolgte, dass Polen sowohl für unsere Freiheit als auch für die christlichen Wurzeln Europas gekämpft hat und dass man, wenn man einmal alleine oder in einer geringen Anzahl bei einer Abstimmung unterliegt, durchaus auch auf der richtigen Seite stehen kann.

Ich bringe viel Verständnis für diese Aussagen von Frau Botschafter Professor Lipowicz – sie ist Völkerrechtsprofessorin – auf. Sie meint auch, dass man in Europa oft nicht die Wahrheit schreiben oder sagen darf. Es ist eher bedenklich, wenn so etwas festgestellt wird – vermutlich hat sie sogar Recht, aber das ist nicht das heutige Thema.

Was ich an Europa und an der Erweiterung kritisiere, ist, dass immerhin eine weitere Zunahme der Verkehrsbelastung droht. Heute wird dieses Thema im Brüsseler Par­lament diskutiert, und es wird sicherlich im wahrsten Sinne des Wortes über die öster­reichischen Argumente hinweggefahren werden. Einer der Landeshauptleute meinte auch, Österreich dürfe nicht „der Auspuff Europas“ werden – eine harte Aussage. Ich hoffe, dass das nicht in dieser krassen Form eintreten wird, aber auf dem Weg dorthin sind wir.

Immerhin wird es einen zusätzlichen Druck auf den derzeit ohnedies belasteten Ar­beitsmarkt geben. Immerhin werden manche Gewerbebetriebe in Grenzregionen ins Schleudern kommen. Immerhin ist die Haltung der Tschechischen Republik zu den menschenrechtswidrigen Beneš-Dekreten noch immer fragwürdig. Kollege Böhm hat darauf hingewiesen, und ich ergänze, dass Ende November das oberste Verwaltungs­gericht in Tschechien die Existenz und die Gültigkeit der Beneš-Dekrete in einem Restitutionsverfahren bestätigt hat, liebe Kollegen und Kolleginnen.

Immerhin werden diese neuen Länder in der EU der Republik Österreich künftig ganz kräftige Konkurrenz bei der Ansiedelung von Betrieben machen.

Immerhin ist Temelín weiter in Betrieb, und unsere Vetodrohungen wurden nicht eingesetzt – auch beim Verkehr nicht, auch in anderen Fällen nicht. Man sieht aber, dass eine Nein-Stimme oder zwei Nein-Stimmen Europa nicht zum Einsturz bringen, sondern zum Nachdenken anregen. Österreich hat das leider verabsäumt. Und was die


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