Bundesrat Stenographisches Protokoll 704. Sitzung / Seite 35

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Kraftwerke anbelangt, so ist festzustellen, dass man zwar in der Lage ist, einheitliche Normen für Traktorsitze und für die berühmten Gurkenkrümmungen zu schaffen, aber nicht einheitliche EU-Normen für Kernkraftwerke – ein großes Versäumnis!

Immerhin öffnen sich die Grenzen auch für marginalisierte Volksgruppen wie Hun­dert­tausende Zigeuner, deren Popularität auch bei uns eine sehr geringe ist.

Immerhin stellt die EU-Kommission das Bozener Autonomiestatut – siehe heutige Zeitungen – in Frage.

Immerhin ist die Neuverteilung der EU-Finanzen nicht geklärt. Es kommen also zehn Staaten dazu, und vier Staaten sind jetzt Nettoempfängerländer, aber keiner will sich etwas nehmen lassen, sondern alle wollen – am liebsten jetzt schon, aber spätestens ab 2007 – Empfänger sein.

Immerhin wurde der Stabilitätspakt von zwei europäischen Großmächten, Deutschland und Frankreich, gebrochen.

Und immerhin ist, wie wir gerade heute vom Herrn Bundeskanzler gehört haben, Teil III der europäischen Verfassung im Rat nie diskutiert worden – und das ist der dickste Teil der europäischen Verfassung!

Professor Öhlinger erwähnt zusätzlich noch, dass in fünf Scheiben die Neutralität extrem ausgehöhlt worden ist.

Warum haben die Schweden ihre Krone behalten? Warum wurde in der Schweiz ein extremer – sagen wir einmal – EU-Gegner gewählt und in die Regierung genommen? – All das sind Punkte, die uns nachdenklich stimmen müssen, wenn es um eine Zu­stimmung zur EU geht. Dr. Payrleitner schreibt dazu im „Kurier“ Folgendes:

„Dennoch wurde dieses Europa durch Erweiterung überdehnt. Nun scheiterte erstmals ein Gipfel und es gibt eine Denkpause, was gut ist. Denn endlich platzte auch jene hohle Europa-Rhetorik, die mit Phrasen die eigentlichen Probleme und Gegensätze nur noch überkleisterte.“

Mein Kollege Böhm hat es bereits vorweggenommen: Wir brauchen Nachdenkpausen. Wir brauchen nicht ein schnelleres Europa, wir brauchen ein gediegeneres Europa! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

10.33

 


Präsident Hans Ager: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Dr. Lichten­ecker. Ich erteile dieses.

 


10.33

Bundesrätin Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren! Gleich vorab: Es ist gut, dass es zu einem geeinten Europa kommt, dass wir einen wichtigen Schritt dorthin getan haben und dass jede Volksgruppe – und es ist gut und schön, dass wir so viele haben – in diesem geeinten Europa auch die gleichen Rechte und Freiheiten hat. – Dies sei eingangs festgehalten, weil mich die diesbezüglichen Ausführungen von Herrn Mag. Gudenus doch etwas erschüttert haben.

Generell, so denke ich, ist dieses Projekt Europa, das wir jetzt einen großen Schritt vorwärts gebracht haben, eine große Chance im Hinblick auf die Überwindung von Nationalismen, eine große Chance auch im Hinblick auf die Überwindung der Tren­nung zwischen einem reichen und einem armen Europa und damit auch eine große Chance für die Überwindung der Spaltung Europas.

Ein historischer Moment ist eingetreten, und große Herausforderungen kommen auf uns zu. Was jetzt sicherlich auch gefragt ist, ist europäische Solidarität. Es gilt jetzt,


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite