Bundesrat Stenographisches Protokoll 704. Sitzung / Seite 38

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ländern – das sagt ja auch etwas –, denken wir an das Funktionieren von Schengen, an die Einführung des Euro, an die Krisenmanagementfazilitäten in der EU, zum Beispiel für Südosteuropa oder auch kürzlich für Afrika! Oder: Denken wir auch an die erst kürzlich erfolgte Verabschiedung der Europäischen Sicherheitsstrategie von Javier Solana, wovon niemand redet! Diese macht uns endlich zu einem globalen Akteur.

Verehrte Damen und Herren! Von 1998 an, also seit der österreichischen Präsident­schaft – der Bundeskanzler hat es schon angesprochen –, war ich in diesen Prozess voll mit eingebunden. Wir hatten damals auf der einen Seite die Luxemburger Grup­pe – diese hat Herr Dr. Schüssel damals als Außenminister betreut. Ab Februar 2000 betreute ich als Außenministerin diese, zusammen mit der inzwischen dazu gestoße­nen Helsinki-Gruppe.

Wir haben versucht, zum ersten Mal mit einer Tour des capitales die Verhandlungen vor­zubereiten. Ich sage Ihnen ehrlich: Wir haben die Verhandlungen von Anfang an fair geführt. Wir haben auch die Karten auf den Tisch gelegt. Natürlich sind wir als Land in der Mitte Europas auch berührt und betroffen. Das muss man ganz offen aussprechen, und wir haben das immer getan. Selbstverständlich haben wir die Ängste und Sorgen unserer Bevölkerung ernst genommen. Diese Fragen sind alle schon angesprochen worden, ich werde auch im Einzelnen darauf eingehen. Man kann das nicht einfach vom Tisch wischen. Aber ich denke, wir haben sehr gute Lösungen dafür gefunden, wofür wir in den Verhandlungen auch Zeit gebraucht haben. Die besten Verhandlungen sind jedoch immer Verhandlungen, bei denen im Endeffekt beide Partner glauben, dass sie fair waren, auch wenn sie vielleicht nicht ganz zufrieden mit allem sind.

Verehrte Damen und Herren! Der Arbeitsmarkt, die Arbeitnehmerfreizügigkeit und die Dienstleistungsfreizügigkeit, das alles ist für mich ein Schlüsselergebnis unserer Verhandlungen. Dass wir eine bis zu siebenjährige Übergangszeit herausverhandeln konnten, hat ja niemand für möglich gehalten. Ich halte das aber für ganz essenziell für uns, gerade auch deshalb, weil sich die Menschen in den Grenzgebieten natürlich auf die Öffnung der Grenzen einstellen müssen. Es sind hier wirklich sehr gute Übergangs­regelungen geschaffen worden. Das ist wesentlich, und damit können wir den Wettbewerb ausgleichen. In Zukunft wird auf der anderen Seite langsam das Wirt­schafts­wachstum steigen, und wir werden auch davon wieder profitieren.

Ein anderes offenes Problem, das angesprochen wurde und das man auch anspre­chen muss, sind die Fragen der Beneš-Dekrete und der AVNOJ-Bestimmungen und auch Temelín. Ich glaube, es ist ganz wesentlich, dass man auf der einen Seite den Tsche­chen immer wieder sagt: Ihr habt zwar einen ersten Schritt getan, ja, das war auch gut so, aber ihr müsst weitere Schritte tun. Und ich bin auf der anderen Seite auch sehr zuversichtlich, dass diese weiteren Schritte bald kommen werden, denn die Tschechen haben gesehen, dass hier ein Land offen, mit offenen Karten und offenem Visier verhandelt hat.

Auch die Frage Temelín wurde gerade vorhin angesprochen – mit Recht. Natürlich ist Temelín für uns, ich würde sagen, ein nicht einfaches Problem gewesen. Wir hätten uns natürlich die Nulloption gewünscht, aber wir konnten jemandem anderen nicht das aufoktroyieren, was wir selbst auch in unserer eigenen Souveränität entscheiden, nämlich die Entscheidung, wie die Energiegewinnung ausgerichtet ist. Deshalb haben wir mit Recht auf die größtmögliche Sicherheit gesetzt. Daher: absolute Umsetzung des Brüsseler Abkommens und natürlich auch des Melker Vertrages! Das ist wichtig, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich darf Ihnen gleich dazusagen: Ich denke, das, was wir jetzt schon bei der Regie­rungskonferenz erreicht haben, von dem ich hoffe, dass es sozusagen Bestand dieser Regierungskonferenz ist, den wir am Ende auch beschließen werden, ist, dass wir eine


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