Bundesrat Stenographisches Protokoll 704. Sitzung / Seite 37

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lichen, ökologischen und sozialen Bereich. – Danke. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

10.38

 


Präsident Hans Ager: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesministerin Dr. Ferrero-Waldner. – Bitte, Frau Ministerin.

 


10.38

Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner: Herr Präsident! Hohes Haus! Gestatten Sie mir, dass ich Ihnen sage, dass ich glücklich bin, dass ich erstens heute an dieser Debatte teilnehmen darf, zweitens die Erwei­terung mitgestaltet habe und dass wir diese drittens heute zu einem positiven Ab­schluss bringen.

Tatsächlich wird heute und wurde am 3. Dezember im Nationalrat Geschichte ge­schrie­ben. Das ist nicht nur ein Schlagwort, sondern das ist die Realität, die vielleicht in fünf, zehn Jahren eine noch viel größere Bedeutung haben wird, als wir sie heute, aktuell sehen. Ich darf mit Walter Hallstein sagen: In Europa muss man Visionen haben, wenn man Realist sein will.

Wir haben gerade den Bogen gespannt von 1989 bis zum heutigen Tag – eigentlich eine kurze Zeitspanne. Andererseits muss ich sagen: Für die Länder, die heute bei­treten, die sozusagen mit uns heute beitreten, ist es eine lange Zeit. Das ist das Spannungsfeld, in dem wir uns hier bewegen.

Ich war auch wirklich dankbar dafür – verstehen Sie mich richtig! –, dass ich zusam­men mit dem Bundeskanzler den Beitrittsvertrag in Athen, an der Wiege der euro­päischen Kultur, unterzeichnen und in der letzten Sitzung des Nationalrates mit Ihren Kollegen das Pro und Kontra erwägen konnte, wobei für mich eindeutig das Pro überwiegt.

Ich denke, verehrte Damen und Herren, es ist viel über das Scheitern dieser Regie­rungskonferenz gesprochen worden. Ich möchte das auch kurz ansprechen. Das soll aber die Erweiterung in keiner Weise schmälern. Ich glaube, wir erwiesen hier der Erweiterung einen ganz schlechten Dienst, wenn wir das täten.

Dass der Verfassungsvertrag nicht zustande gekommen ist, ja, das ist eine Enttäu­schung – das war es auch für mich. Es war ein bitterer Tag. Ich war ja selbst in Nizza und habe diese langen Nächte hindurch mitverhandelt. Ich habe es mir bezüglich der EU-Verfassung von der Choreographie her ähnlich vorgestellt. Ich habe gedacht, der multilaterale Druck wird kommen, und wir werden schließlich zu einer Einigung gelan­gen. Leider war dem nicht so, aber auch das muss man wieder relativieren. Wenn wir uns anschauen, wie Europa vorangeht, so waren das immer zwei Schritte voran und vielleicht einmal ein halber Schritt zurück.

Denken wir zum Beispiel an die „Politik des leeren Stuhls“ in den sechziger Jahren, an den Haushaltsstreit, der sich 1979 bis 1984 ergeben hat! Erinnern Sie sich, was Mar­garet Thatcher damals gesagt hat: „I want my money back!“ Oder: die schwierigen Verhandlungen vor dem Zustandekommen der Einheitlichen Europäischen Akte und des Maastricht-Vertrages. Ich glaube, daraus haben wir alle gelernt: Europa ist schließlich geeinter und sogar stärker hervorgegangen. Deshalb sage ich: Wir werden alles daransetzen – und wir müssen alles daransetzen –, dass unter der irischen oder der niederländischen Präsidentschaft das, was wir gemacht haben, gesichert wird; der Rechtsbestand muss gesichert werden. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir sollten uns auch noch einmal die großen Fortschritte der Europäischen Union vor Augen halten. Denken wir an die erfolgreichen Verhandlungen für den Beitrittsvertrag! Denken wir an die hohen Zustimmungsraten bei den Referenden in den Beitritts-


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