Prinzipiell möchte ich in meinen Ausführungen geschichtlich nicht so weit zurückgehen wie manche meiner Kollegen. Ich möchte nur an die Zeit vor 25 Jahren erinnern, an die Zwentendorf-Abstimmung. Österreich hat sich mit damals noch nicht so überwiegender – inzwischen aber mit wachsender – Mehrheit gegen die friedliche Nutzung der Atomkraft ausgesprochen. Seit 25 Jahren ist dieser Ausstieg beziehungsweise Nichteinstieg in Österreich unbestritten, er wird immer unbestrittener. Seit 25 Jahren wissen wir in Österreich also, dass ein Atomkraftwerk mehr Schaden anrichten kann, als es Nutzen bringt.
Mit dem EU-Beitritt haben wir aber auch den EuratoM-Vertrag unterzeichnen müssen, und seither subventioniert auch Österreich die Atomwirtschaft. Der EuratoM-Vertrag ist seit 1957 EU-Primärrecht und beschreibt die Kernenergie unter anderem als „unentbehrliche Hilfsquelle für die Entwicklung und Belebung der Wirtschaft und für den friedlichen Fortschritt.“ – Die Österreicher haben das vor 25 Jahren zum Glück nicht geglaubt. Und sie glauben, wie man im vergangenen Jahr bei der Inbetriebnahme von Temelín gesehen hat, noch immer nicht daran.
Es ist uns ein Anliegen, dass wir hier nicht eine Insel der Glückseligen bleiben, sondern es ist unser Ziel, dass ganz Europa atomkraftfrei wird.
Die Atomkraft ist eine veraltete Technologie, und die EU investiert nach wie vor Unsummen in die Reparatur dieser Technologie, anstatt neue Technologien, die sicherer und sanfter sind, aufzubauen. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)
Die EU-Kommission will jetzt das EURATOM-Kreditvolumen von 4 auf 6 Milliarden € erhöhen. Der Bundestag hat beschlossen, dass die deutsche Regierung diese Erhöhung ablehnen wird. Solch einen Beschluss würde ich mir auch im österreichischen Nationalrat wünschen. (Bundesrat Dr. Kühnel: Was hat das eigentlich mit dem Beitritt zu tun?) – Das hat insofern mit dem Beitritt zu tun, als wir ja wünschen, dass ganz Europa, inklusive der Beitrittsländer, atomkraftfrei wird.
Ich würde mir wünschen, dass die Regierung
diesen Mut aufbringt, das nach außen zu tragen, wonach wir in Österreich seit
25 Jahren leben. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)
11.40
Präsident Hans Ager: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Spiegelfeld-Schneeburg. Ich erteile ihm dieses.
11.41
Bundesrat Dr. Georg Spiegelfeld-Schneeburg (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Herr Staatssekretär! Als ich gemeinsam mit einigen Kollegen aus Oberösterreich vor einigen Wochen hier als neuer Bundesrat angelobt worden war, war eine der ersten Dinge, die wir machten, eine Führung durch das Haus. Wir kamen dabei unter anderem auch in den Reichsratssaal, und in diesem Reichsratssaal haben bereits vor 120 Jahren Parlamentarier auf das Heftigste diskutiert. Einige dieser Parlamentarier damals kamen aus Gegenden, die heute zum Beitritt zur Europäischen Union anstehen.
Ich möchte jetzt nicht lange auf die Geschichte des 20. Jahrhunderts eingehen, auf das viele Leid und auf das viele Unglück, das über diesen Kontinent gekommen ist, sondern ich möchte nur meiner Freude darüber und meiner Dankbarkeit dafür Ausdruck verleihen, in einem solch historischen Moment wie heute Mitglied dieses Hauses sein zu dürfen – in einem Moment, in dem ein Einigungsprojekt, ein Friedensprojekt, ein ganz großes Projekt für unseren Kontinent einen entscheidenden Schritt nach vorne tut.
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