Bundesrat Stenographisches Protokoll 704. Sitzung / Seite 70

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Ohne jetzt polemisch sein zu wollen: Man muss sich da Wien schon etwas genauer anschauen, weil sich erstmals, seitdem ich Statistiken in der Hand habe, Folgendes feststellen lässt. Niemand bedauert das Ansteigen der Arbeitslosigkeit in Österreich, erst recht der Jugendarbeitslosigkeit, mehr als ich, das können Sie mir glauben. Aber von im Jahresabstand plus 8 124 Arbeitslosen insgesamt in Österreich, von 8 124 mehr Arbeitslosen im Jahresabstand per Mitte Dezember kommen plus 8 422 aus Wien! Hoher Bundesrat, das heißt, dass Österreich ohne Wien im Jahresabstand zurzeit sogar eine leicht sinkende Arbeitslosigkeit, nämlich um etwa 300, hätte.

Ich begrüße es sehr, dass jetzt Kollege Rieder die Sozialpartner und viele andere einlädt und 2 Millionen € aus Wiener Landesmitteln drauflegt. Es ist gut, dass das gestern so gelaufen ist. Mein Haus war da ebenfalls vertreten, wir arbeiten auch gerne mit und gut zusammen. Aber so kann es nicht sein, dass überall anders auf der Welt in den Ballungsräumen, in den Hauptstädten die Arbeitsmarktsituation im Regelfall eine günstigere als an der Peripherie ist – auf dem flachen Land, wie es so schön heißt –, und nur in Österreich ist es umgekehrt. Das wird also seine Gründe haben, und ich glaube, das sollte man auch im Bundesrat ganz offen ansprechen.

So gesehen sage ich daher: Die Arbeitsmarktsituation ist nicht so, dass ich mich darüber freue, aber es muss festgehalten werden, dass wir im europäischen Quer­vergleich in Sachen Arbeitsmarkt insgesamt die drittniedrigste Arbeitslosenquote ha­ben, Hoher Bundesrat, und in Sachen Jugendarbeitslosigkeit die zweitniedrigste; das habe ich schon gesagt. Ich gehe davon aus, dass dann, wenn im nächsten Jahr das Wachstum zurückkehrt – das Wachstum 2004 wird kommen! –, uns das Wachstum innerhalb von sechs Monaten in eine Lage versetzen wird, dass es, Herr Professor Böhm, auf dem Arbeitsmarkt insgesamt auch wieder erfreulicher wird. (Bundesrat Kraml: ... Arbeitslosigkeit bei den Jugendlichen sagen, Herr Bundesminister!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Damit zu den Anmerkungen der Frau Bun­desrätin Lichtenecker, ich würde oder wir würden die Arbeitslosigkeit in Statistiken verstecken: Glauben Sie mir, ich habe in den Statistiken nichts, aber auch schon gar nichts verändert, seit ich Arbeitsminister geworden bin! Das war schon immer so oder fast schon immer so. Jedenfalls habe ich das, was ich von meinen sozialdemo­kra­tischen Vorgängern übernommen habe, fortgeführt.

Frau Petrovic, Ihre Parteifreundin, hat mir im Plenum mehrfach vorgeworfen, wir wür­den die Arbeitslosenstatistik schönen, indem dort geringfügig Beschäftigte angerechnet würden. Es hat Monate, um nicht zu sagen Jahre gedauert, bis ich Frau Dr. Petrovic davon überzeugen konnte, das die nie drinnen waren: Geringfügig Beschäftigte sind dort nicht als beschäftigt erfasst! Ich bin ja immer gerne bereit, kleine Irrtümer aufzu­klären. Man kann natürlich sagen, dass diejenigen Menschen, die in Schulungen sind, Arbeit suchen. Aber es hat nur einen Sinn, Statistiken im europäischen Quervergleich und auch in einer österreichischen Kontinuität zu betrachten, und da waren eben diejenigen Menschen und diejenigen Arbeitslosen, die in Schulungsmaßnahmen befindlich waren, immer nicht mitgerechnet. Auch da habe ich nichts geändert.

Die Veränderungen in Sachen Arbeitslosengeld und DLU sind schon mit dem Budget­begleitgesetz, dem der Hohe Bundesrat im Juli zugestimmt hat, beschlossen worden, sehr geehrte Frau Bundesrätin. Was wir mit dieser kleinen Veränderung jetzt er­mög­lichen, ist die gleichzeitige Beziehung von DLU und Arbeitslosengeld. Das ge­schieht also durchaus im Sinne und zum Vorteil von arbeitslos gewordenen Menschen.

Im Übrigen darf ich hier Ihren Sozialsprecher Öllinger zitieren, normalerweise ein harscher und harter, meistens auch ein ernsthafter und seriöser Kritiker meiner Arbeitsmarktpolitik. Er hat unlängst – vielleicht in einer Minute der honorigen, ehrlichen Schwäche – in einem Ausschuss Folgendes gesagt, und zwar nicht zu mir, sondern zu


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