Bundesrat Stenographisches Protokoll 704. Sitzung / Seite 104

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Doch nichts von dem, was sich in Zahlen festmachen lässt, rechtfertigt den Optimismus des Herrn Bundesministers, dass eine Trendumkehr zum Besseren stattfindet. Er hat vor einigen Monaten – auch dieses Mal wieder im Oktober – alar­mierende Daten, die bekannt geworden sind, als Rohdaten ohne Aussagekraft herun­tergemacht, und er hat versucht, eine Entwicklung, die klar erkennbar war – auch für die Bürgerinnen und Bürger auf der Straße und in ihren Wohnungen –, schönzureden.

In den ersten elf Monaten des heurigen Jahres hat es praktisch in allen Kriminalitäts­kategorien eine Steigerung gegenüber dem Vergleichszeitraum 2002 gegeben: Hand­lungen gegen Leib und Leben: plus 3,5 Prozent, Vermögensdelikte: eine Zunahme von 13,6 Prozent, Sittlichkeitsdelikte: eine Zunahme von 19,9 Prozent, sonstige strafbare Handlungen nach dem Strafgesetzbuch: ein Plus von fast einem Viertel, Einbruchs­diebstähle: ein Plus von 27,7 Prozent, gewerbsmäßiger Diebstahl und Bandendieb­stahl: ein Plus von 32,3 Prozent, Raub: ein Plus von 25,4 Prozent.

Dabei zeigt sich, dass naturgemäß in den Ballungszentren – und da ist Wien in beson­derem Maße betroffen – diese Steigerungen noch wesentlich stärker sind. Zwei Bei­spiele: In Wien gibt es beim gewerbsmäßigen Diebstahl beziehungsweise Banden­dieb­stahl eine Steigerung gegenüber dem Vorjahr um 39,7 Prozent und beim Raub ein Plus von 33,8 Prozent.

Gleichzeitig ist die Aufklärungsquote – nicht so dramatisch, aber deutlich genug – auf 39,7 Prozent zurückgegangen. Sie ist erstmals – ich weiß nicht, ob das so ist, seitdem es eine Kriminalitätsstatistik gibt, aber jedenfalls ist diese Entwicklung so, seitdem ich mich mit der Kriminalitätsstatistik beschäftige – auf unter 40 Prozent gesunken.

Das ist keine Trendwende, zumindest keine zum Besseren, sondern das ist – ganz im Gegenteil! – eine Entwicklung, von der sich zu Recht die Bürgerinnen und Bürger in unserem Lande massiv bedroht fühlen! Diese Zahlen – Steigerungen innerhalb eines Jahres!; ich muss es nochmals dazusagen – führen dazu, dass immer mehr Menschen Betroffene werden, und das ist nichts, was verantwortungsbewusste Politiker auf die leichte Schulter nehmen können und dürfen.

Opfer eines Raubs oder eines Einbruchs zu werden heißt ja nicht nur, bestimmte Güter zu verlieren, sondern es heißt auch, ein traumatisches Erlebnis zu haben, es heißt des Weiteren, sich monatelang mit Versicherungen, wenn man denn eine hat, herum­schlagen zu müssen, und im Fall des Einbruchs heißt es, dass man auf Wochen eine kaum benützbare Wohnung hat und Wiederherstellungsarbeiten veranlassen muss. – Jeder von Ihnen – Sie genauso wie wir – kennt Menschen, die unter einer solch mas­siven Beeinträchtigung ihrer Lebensqualität leiden, ganz abgesehen davon, dass damit natürlich auch gewaltige materielle Verluste verbunden sind.

Es ist sicherlich richtig, dass ein gut Teil dieses Anwachsens der Kriminalität durch eine höhere internationale Mobilität von Kriminellen verursacht wird – gar keine Fra­ge! –, aber dass sich die Tätigkeit dieser – nicht nur aus Österreich stammenden –Kriminellen so reibungslos abwickeln lässt, hat etwas damit zu tun, dass die Exekutive sehr im Gegensatz zu Ihren schönfärberischen Meldungen immer kleiner wird, immer weniger präsent ist und als Abschreckungsinstrument so gut wie überhaupt nicht mehr in Erscheinung tritt.

Wir haben Ihnen im Text – aber ich darf es trotzdem zitieren – ein paar Beispiele dafür genannt, wie denn so die Präsenz der Exekutive in der Realität aussieht.

Es gibt nach unseren Informationen im Bundesland Niederösterreich in der Nähe von Wien, und zwar bei der SCS, angeblich ein Stützpunktzimmer der Gendarmerie. Nun ist ein großes Einkaufszentrum für bestimmte Kriminalitätsformen, wie etwa Taschen­diebstahl, ein bevorzugtes Areal. Wenn aber ein Bestohlener glaubt, er könne bei dem


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