Bundesrat Stenographisches Protokoll 704. Sitzung / Seite 177

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21.09

Bundesrätin Dr. Elisabeth Hlavac (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Die ÖBB sind eines der größten Unter­nehmen Österreichs, und sie sind auch eines der wirtschaftlich und umweltpolitisch bedeutendsten Unternehmen unseres Landes. Die Österreichischen Bundesbahnen sind eine der effizientesten und letztlich auch wettbewerbsstärksten Bahnen Euro­pas. – Ein Unternehmen, das den Regierungsverantwortlichen sehr am Herzen liegen müsste, sollte man meinen.

Die Vorgangsweise im Parlament, aber auch in den Beratungen mit den Betroffenen sprechen jedoch eine andere Sprache. Wir haben es erst vorgestern hier im Ver­kehrsausschuss des Bundesrates erlebt: Wir haben eine halbe Stunde gewartet, aber es ist niemand vom Ressort gekommen. – Ich finde das sehr befremdlich, denn wir hätten eine ganze Reihe von Fragen gehabt, die wir diskutieren wollen hätten. Es ist nicht einzusehen, warum bei einem Gesetz von so großer Bedeutung für unser Land niemand vom Ressort anwesend war. Ich muss sagen, Herr Staatssekretär, ich finde das wirklich sehr befremdend und sehr bedauerlich.

Herr Himmer hat dann, um diese Situation zu kaschieren, eine Leseübung abgehalten. Er hat verschiedene Texte vorgelesen. Das ist aber kein Ersatz für eine Debatte, das ist keine Art, mit einem Ausschuss umzugehen. Nochmals: Ich bedauere diese Vor­gangsweise zutiefst. Es ist dies jedoch leider eine Vorgangsweise, die sich nicht nur auf den Bundesrat beschränkt, sondern man musste in der ganzen Debatte um die ÖBB-Reform sehen, dass es keine Bereitschaft zu einer Auseinandersetzung mit den Kritikern gibt.

Und Kritiker an diesem Gesetz gibt es eine ganze Reihe. Da ist an erster Stelle der Rechnungshof zu nennen. Der Präsident des Rechnungshofs hat massive Kritik geübt und hat aber auch nachträglich – es hat ja einige Änderungen gegeben – gesagt, dass er weiterhin schwerste Bedenken gegen diesen Entwurf und gegen diese Neustruk­turierung der Bahn hat.

Es kritisierten weiters die Landeshauptleute, der Generaldirektor der Schweizer Bahn, Experten aus Großbritannien, der Arbeiterkammer, der Gewerkschaft, aus der Indus­trie, der Wirtschaft und der Banken. Es gibt eine ganze Reihe von massiver Kritik, mit der sich niemand auseinander gesetzt hat. Ja, es wurde sogar die Anhörung der Lan­deshauptleute verhindert.

Die Gewerkschaft, die Mitarbeiter der ÖBB wurden brüskiert. Es ist allein die Schuld des zuständigen Ressorts, dass es zu einem ÖBB-Streik gekommen ist, denn wir wis­sen, dass die Mitarbeiter dort sehr verantwortungsbewusst sind, aber dass es einfach zu viel war, was ihnen zugemutet wurde.

Herr Staatssekretär! Sie haben auch in eigenen Aussendungen die ÖBB schlecht gemacht. Sie haben nicht nur die Situation kritisiert, sondern auch das Unternehmen wirklich herabgesetzt. Das finde ich sehr eigenartig. Es ist eine eigenartige Vor­gangsweise für einen Eigentümervertreter, und in der so gelobten Privatwirtschaft wäre das ein Grund, sich zu trennen.

Ich möchte kurz auf die Kritiker eingehen. Der Generaldirektor der Schweizer Bahnen hat gesagt, dass man auch bei ihnen Reformen durchgeführt hätte, denn es sei nicht zu bestreiten, dass es der Reformen bedürfe. Die Situation in der Europäischen Union, vor allem aber auch der zunehmende Transit ist ein Grund, sich mit einer Reform zu beschäftigen. Es ist notwendig, sich darauf einzustellen. Es ist richtig, die Bahn, lieber Kollege Bieringer, braucht Servicedenken. Ich gehöre zu den Leuten, die sehr viel mit der Eisenbahn fahren. (Bundesräte der ÖVP stellen Tafeln auf ihre Bänke.) – Ja,


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