Bundesrat Stenographisches Protokoll 704. Sitzung / Seite 184

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Die niederösterreichische Landesregierung sagt dazu: „Die vorgesehene ÖBB-Umstrukturierung und die diesem Vorhaben zugrunde liegenden Ziele lassen auf eine weitere Verschärfung der finanziellen Situation im öffentlichen Personenverkehr, hier im Speziellen im schienengebundenen Personennahverkehr, schließen. In den Erläu­terungen ist vermerkt, dass jährlich rund 1 Milliarde € an Kosteneinsparungen durch die Umstrukturierungsmaßnahmen ermöglicht werden sollen. Diese Entwicklung lässt befürchten, dass diese Einsparungsmaßnahmen nicht allein durch effizientere Be­triebs­führung erbracht werden können, sondern auch durch Maßnahmen, die vor allem die Gebietskörperschaften Länder und Gemeinden stark treffen würden. Das wären zum Beispiel Maßnahmen zur Regionalisierung von Schienenstrecken, allerdings ohne Übertragung ausreichender Mittel, die Reduktion von Verkehrsleistungen oder erhöhte Zuschussforderungen zu den Betriebsleistungen.“

Als dritter Punkt steht im Bericht des Verkehrsausschusses des Nationalrates: „Strei­chung der unbegrenzten Kostendeckungspflicht des § 2 Bundesbahngesetz 1992 ... und Umstellung auf Zuschüsse und Haftungszusagen des Bundes für Neuinves­titionen.“

Dazu das Land Niederösterreich: „Generell ist die Streichung der unbegrenzten Kos­tendeckungspflicht des § 2 Bundesbahngesetz 1992 durch den Bund und deren Umstellung auf die Finanzierung durch zeitlich begrenzte Zuschüsse und Haftungszu­sagen des Bundes als problematisch zu sehen, da dadurch eine Finanzierungssicher­heit seitens des Bundes nicht mehr gegeben ist. Ein weiteres Zurückziehen des Bundes aus der Finanzierung des öffentlichen Personennahverkehrs nach Ablauf von Verträgen würde damit automatisch verstärkten Druck auf die Länder zur Mitbeteili­gung an der Finanzierung von Verkehrsleistungen bedeuten.“ (Bundesrat Schennach: Wer sagt das?)

Das sagt Herr Dr. Erwin Pröll, seines Zeichens Landeshauptmann von Niederöster­reich, beziehungsweise die niederösterreichische Landesregierung. (Bundesrat Schen­nach: Kollege Bader, weißt du das überhaupt? – Bundesrat Boden: Der weiß nicht einmal, was er geredet hat! – Bundesrat Schennach: Das ist der Befehl des Erwin Pröll! Bist du weg! – Weitere Zwischenrufe.) Ja, wer alles hier dagegen stimmen muss, wird schon spannend werden.

Ich habe auch noch ein bisschen etwas Persönliches zur ÖBB-Reform zu sagen. Ich bin nämlich eine sehr fleißige Zugfahrerin und möchte Ihnen erzählen, was einem alles passieren kann beziehungsweise wie es – was Sie vielleicht nicht wissen – in der Bahn manchmal zugeht. Zu Stoßzeiten sind die Züge voll, und für einen Stehplatz zahlt man zu viel. Um von A nach B zu kommen, muss man oft über D oder C fahren. (Bundesrat Boden: Wird noch teurer! Wird jetzt noch teurer!) Wenn man Pech hat, wie ich es heute möglicherweise noch haben werde – obwohl die Sitzung jetzt voraussichtlich nicht so lange dauern wird –, muss man sich nachts ein Taxi suchen, weil es im Regionalverkehr keine Nachtzüge gibt. Die Ausstattung der Bahnhöfe ist meistens oder oft unter jeder Kritik, und behindertengerecht sind vielleicht ein paar, aber sicher nicht alle Bahnhöfe. Zum Tarifdschungel: Wer sich schon einmal eine Karte vom Automaten gelöst hat, weiß, wovon ich rede.

Daher bin ich der Meinung, dass eine Reform der ÖBB sicher notwendig ist – da bin ich ganz Ihrer Meinung –, aber ganz sicher nicht diese Reform, die Sie hier vor­schlagen! Wir brauchen nämlich Investitionen, um die ÖBB besser zu machen, und nicht ein Kaputtsparen. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Diese ÖBB-Reform zerschlägt ein EU-weit wettbewerbsfähiges großes Unternehmen in neun Gesellschaften. Sie trennen Schieneninfrastruktur, Bau und Instandhaltung, Wagenmaterial und diverses andere. Letztendlich weiß sicher niemand mehr, wer


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