Bundesrat Stenographisches Protokoll 704. Sitzung / Seite 190

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Tschechien, Bulgarien: Überall dort wurde bereits eine eindeutige Trennung zwischen dem Unternehmen Infrastruktur und dem Unternehmen Personen- und Güterverkehr geschaffen.

Sechs weitere Länder, und zwar Deutschland, Italien, Polen, Spanien, Rumänien und Ungarn, haben ebenfalls bereits eine Trennung der Unternehmensbereiche vorgenom­men, aber darüber eine Holding gestellt, so wie wir das in Österreich auch machen. Also wir gehen überhaupt keinen radikalen Weg, sondern wir gehen einen Mittelweg, einen maßvollen Weg, weil wir glauben, dass dieser richtig und sinnvoll auch für Öster­reich ist.

Also was bleibt da übrig von Ihren Vorwürfen, meine Damen und Herren, dass bei der Bahn etwas zertrümmert wird, etwas zerschlagen wird! Wir sind in all diesen Fragen längst keine Vorreiter, sondern Nachzügler in einer europäischen Entwicklung, die unbedingt notwendig ist.

Sie haben die Schweiz angesprochen, als leuchtendes Beispiel hingestellt und die Kritik des dortigen Generaldirektors, eines ausgewiesenen Sozialdemokraten, was aber nichts aussagt, hier zitiert. – Jawohl, in manchen Bereichen ist die Schweizer Bahn durchaus ein Vorbild. Sie ist wesentlich kundenorientierter als die Öster­reichi­schen Bundesbahnen, sie hat eine wesentlich höhere Produktivität als die Öster­reichi­schen Bundesbahnen, aber der direkte Vergleich ist trotzdem nur sehr bedingt zu­lässig, weil eben die Schweizer Bahn EU-rechtlich ganz andere Voraussetzungen als die österreichische Bahn hat. Sie wissen ja, dass die Schweizer die EU-Richtlinien nicht in jenem Maße zu übernehmen brauchen wie wir. Die Schweizer Bahn kann zum Beispiel für ihre Infrastruktur eine Quersubventionierung aus der Straßenmaut erhalten. Das geschieht auch, aber bei uns ist das natürlich EU-rechtlich überhaupt nicht möglich.

Noch etwas: Nehmen Sie auch zur Kenntnis, dass in der Schweiz der Güterverkehr der SBB längst in eine eigene Aktiengesellschaft ausgegliedert ist! Also selbstverständlich gibt es auch dort die Ausgliederung, gibt es auch dort die Konzentration auf bestimmte Kernmärkte.

Nehmen Sie auch zur Kenntnis, dass die Produktivität der Schweizer Bahn um 30 Pro­zent höher ist als jene der Österreichischen Bundesbahnen. Warum? – Weil sie sehr viel weniger Mitarbeiter hat als die Österreichischen Bundesbahnen, weil sie die Verkehrsleistung, die sie erbringt, mit deutlich weniger Mitarbeitern erbringt, als die ÖBB das tun. – Meine Damen und Herren, nehmen Sie all das zur Kenntnis!

Ich frage Sie: Wollen Sie wirklich, wenn Sie die Schweizer Bahn als gutes Vorbild anführen, dass wir unsere Tarife auch um 30 Prozent erhöhen? Die Schweizer Bahn­tarife sind nämlich im Schnitt zwischen 25 und 33 Prozent höher als die öster­reichi­schen Tarife. – Meine Damen und Herren, wenn Sie die Schweizer Bahn so loben, dann sagen Sie auch, dass Sie wollen, dass auch die ÖBB um 30 Prozent höhere Tarife einheben!

Sagen Sie auch, wenn Sie die Schweizer Bahn als Vorbild anführen, dass Sie das Pen­sionsalter bei den ÖBB-Bediensteten so erhöhen wollen wie in der Schweiz! – In der Schweiz liegt das Pensionsalter nämlich bei 65 Jahren bei den Männern und bei 62 Jahren bei den Frauen. Ich brauche Ihnen nicht zu sagen, wie hoch das durch­schnittliche Pensionsantrittsalter bei den ÖBB ist, denn Sie wissen es ohnehin, aber zur Erinnerung nenne ich es jetzt: 52 Jahre, meine Damen und Herren!

In der letzten Zeit, insbesondere im Nationalrat – ich möchte das nur anführen –, ist Herr Generaldirektor Draxler sehr gelobt worden, und ich gebe zu, dass er ein fähiger


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